Ein grauer Gerichtssaal in Düsseldorf. Die Spannung ist greifbar, als der psychiatrische Gutachter sein Urteil verkündet. Issa al H., der mutmaßliche Täter des Messerangriffs auf dem Solinger Stadtfest, sei «voll schuldfähig». Die Worte hallen nach im Raum.
Der 26-jährige Syrer soll im August drei Menschen getötet und acht weitere verletzt haben. Ein Verbrechen, das Deutschland erschütterte. Nun bestätigt der Sachverständige: Keine psychische Erkrankung, keine verminderte Steuerungsfähigkeit. Die Terrororganisation IS hatte die Tat für sich reklamiert.
«In den Gesprächen zeigte er keinerlei Anzeichen einer relevanten psychischen Störung», erklärt der Gutachter vor dem Oberlandesgericht. Die Opferfamilien hören zu, ihre Gesichter versteinert. Ich beobachte ihre Hände – manche fest verschränkt, andere zittern leicht.
Vergangene Woche noch erlebte ich eine Mahnwache vor dem Gericht. «Wir wollen Gerechtigkeit, aber keinen Hass schüren«, sagte mir eine Solingerin mit Tränen in den Augen. Die Stadt ringt noch immer mit dem Trauma.
Die Ermittlungen zeigen: Der Angeklagte soll sich selbst radikalisiert haben. Ein erschreckend häufiges Phänomen. Experten warnen vor einer zunehmenden Einzeltäter-Problematik. Doch hinter juristischen Begriffen wie «Schuldfähigkeit» stehen reale Schicksale und eine Stadt, die zusammenrückt, um gemeinsam zu trauern. Die Wunde bleibt, doch Solingen lässt sich nicht spalten.