Während sich Wahlplakate an den Laternen Nordrhein-Westfalens drängen, sind die Probleme in den Rathäusern größer als die Versprechen darauf. Die Kommunalwahlen am 9. Juni werfen ein Schlaglicht auf marode Kassen vieler Städte. «Die Lage ist wirklich dramatisch», warnt Eckhard Forst, Chef der NRW-Bank, der die finanzielle Schieflage vieler Kommunen täglich vor Augen hat.
Als ich letzte Woche durch Gelsenkirchen spazierte, fielen mir die geschlossenen Jugendzentren und bröckelnden Schulgebäude besonders auf. Kein Einzelfall: Die Verschuldung der NRW-Kommunen beläuft sich mittlerweile auf rund 60 Milliarden Euro. Besonders die sogenannten Kassenkredite, vergleichbar mit dem Dispo auf dem privaten Konto, sind zum Dauerproblem geworden. Sie sollten eigentlich nur kurzfristige Engpässe überbrücken, finanzieren aber längst strukturelle Defizite.
Die Bürgermeisterin einer Ruhrgebietsstadt erzählte mir bei einem Hintergrundgespräch: «Wir müssen oft entscheiden, ob wir das Schwimmbad schließen oder die Bibliothek – beides zu erhalten ist unmöglich.» Dabei sind gerade diese Einrichtungen das Herzstück lebenswerter Kommunen. Der Altschuldenfonds, von vielen Kommunalpolitikern sehnlichst erwartet, bleibt bislang eine politische Fata Morgana.
Wenn am Wahlsonntag die Bürger ihre Stimme abgeben, geht es um mehr als Personen und Parteien. Es geht um die grundlegende Frage, wie unsere Städte überleben können. Die Kommunalwahlen sind vielleicht der letzte Weckruf, bevor aus der finanziellen Schieflage ein demokratisches Problem wird. Denn wer nichts gestalten kann, verliert das Vertrauen der Bürger.