Die Klangreise beginnt leise, fast zögernd. Dann entfaltet sich unter Lahav Shanis Händen ein Klangteppich, der das Berliner Publikum in seinen Bann zieht. Der 35-jährige israelische Dirigent feierte gestern Abend in der Philharmonie einen triumphalen Auftritt – nur Wochen nach seiner umstrittenen Ausladung vom belgischen Klarafestival, die international für Schlagzeilen sorgte.
«Musik kennt keine Grenzen und sollte niemals als politisches Instrument missbraucht werden», betonte Shani während der Pressekonferenz vor dem Konzert. Diese Überzeugung trug er mit jeder Geste ans Orchester weiter. Die Berliner Philharmoniker antworteten mit einer Intensität, die selbst langjährige Konzertbesucher überraschte. Besonders Mahlers fünfte Sinfonie geriet zum emotionalen Höhepunkt des Abends.
Was mich persönlich berührte, war die Konzentration im Saal. Kein Husten, kein Rascheln – nur gebannte Stille zwischen den Sätzen. Als wollte das Publikum ein Zeichen setzen gegen die Polarisierung in Kulturdebatten. Der Standing Ovation schlossen sich selbst jene an, die sonst eher zurückhaltend applaudieren.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth nannte den Abend «ein wichtiges Signal in herausfordernden Zeiten». Shanis Berliner Erfolg unterstreicht, was der Kulturbetrieb derzeit schmerzlich lernen muss: Die Kunst braucht Freiräume jenseits tagespolitischer Vereinnahmung. In einer Zeit wachsender Unsicherheiten bietet sie uns genau das, was wir am dringendsten benötigen – Momente der Verbindung und des gemeinsamen Erlebens.