In der Hamburger Innenstadt wurde der Antisemitismusbeauftragte Stefan Hensel am vergangenen Freitag Opfer eines gewaltsamen Übergriffs. Der 47-Jährige erlitt dabei Verletzungen im Gesicht und an der Hand. Nun zieht er persönliche Konsequenzen: Hensel kündigte gestern seinen Rücktritt vom Amt an. Laut Polizeistatistik haben antisemitische Vorfälle in Hamburg seit Oktober 2023 um fast 70 Prozent zugenommen.
«Die zunehmenden Anfeindungen und nun dieser körperliche Angriff machen es unmöglich, meine Arbeit uneingeschränkt fortzusetzen», erklärte Hensel bei der Bekanntgabe seines Rücktritts. Seit 2021 setzte er sich als erster Hamburger Antisemitismusbeauftragter für die jüdische Gemeinschaft ein. Bürgermeister Peter Tschentscher zeigte sich bestürzt und dankte Hensel für sein Engagement. Die Ermittlungen zu dem Vorfall laufen noch, die Polizei vermutet einen politisch motivierten Hintergrund. Als langjährige Beobachterin der Hamburger Stadtgesellschaft habe ich bemerkt, wie sehr die Stimmung seit dem 7. Oktober angespannter geworden ist.
Die jüdische Gemeinde Hamburg reagierte betroffen auf Hensels Rücktritt. «Es ist ein alarmierendes Signal für unsere Demokratie, wenn Menschen aufgrund von Bedrohungen öffentliche Ämter niederlegen müssen», sagte Gemeindevorstand Philipp Stricharz. Die Bürgerschaft will in ihrer nächsten Sitzung über konkrete Schutzmaßnahmen für gefährdete Amtsträger beraten. Der Fall wirft ein Schlaglicht darauf, wie dünn der Firnis der Zivilisation selbst in einer weltoffenen Stadt wie Hamburg geworden ist.