Der Berliner Herbst zeigt sich von seiner kühlen Seite, während in Kabul eine deutsche Delegation auf subtilen diplomatischen Pfaden wandelt. Seit Wochen diskutiert Deutschland über Abschiebungen nach Afghanistan. Nun wurde bekannt: Mitarbeiter aus dem Umfeld von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt haben direkte Gespräche mit Taliban-Vertretern in Kabul geführt.
Die Verhandlungen fanden fernab der Öffentlichkeit statt. Ein bemerkenswerter Schritt, bedenkt man die offizielle Linie westlicher Staaten gegenüber dem Taliban-Regime. «In solchen Situationen bewegt man sich in Grauzonen der Diplomatie», erklärt der Sicherheitsexperte Michael Bröning vom Think-Tank Friedrich-Ebert-Stiftung. Die Bundesregierung befindet sich in einem Dilemma: Einerseits will sie gefährliche Straftäter abschieben, andererseits möchte sie das Taliban-Regime nicht politisch aufwerten.
Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem afghanischen Journalisten letzten Monat. «Die Taliban nutzen jede Verhandlung als Legitimationsgewinn», sagte er mir beim Kaffee. Seine Augen spiegelten die Sorge um zurückgebliebene Familienmitglieder wider.
Die Debatte berührt Grundfragen unseres Rechtsstaats und unserer Sicherheit. Können wir mit einem Regime verhandeln, das fundamentale Menschenrechte missachtet? Die Antwort bleibt unbequem. In der Zwischenzeit warten in deutschen Abschiebezentren Menschen auf eine Entscheidung, während in Kabul die Taliban ihre eigene Interpretation der Gespräche präsentieren. Die diplomatische Gratwanderung hat gerade erst begonnen.