Die kühle Oktoberluft trägt die Stimmen über den Platz. Menschen jeden Alters stehen Seite an Seite, Kerzen flackern im Wind. Wir sind in Frankfurt, wo sich wie in vielen hessischen Städten Menschen zu Mahnwachen versammelt haben. Ein Jahr nach dem Hamas-Terror vom 7. Oktober gedenken wir der Opfer mit stiller Anteilnahme und klaren Botschaften gegen Antisemitismus.
Die Solidaritätsbekundungen ziehen sich durch ganz Hessen. In Kassel, Darmstadt und Wiesbaden finden ähnliche Veranstaltungen statt. Besonders bewegend ist die Präsenz vieler junger Menschen, die Schilder mit den Namen der Opfer hochhalten. Eine Studentin erzählt mir: «Wir stehen hier, weil das Vergessen die größte Gefahr ist.» Zwischen den Teilnehmern sehe ich auch Überlebende und Angehörige, deren Gesichter von Trauer gezeichnet sind. Vor einigen Tagen sprach ich mit Daniel Neumann, dem Direktor des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Hessen. «Diese Mahnwachen sind nicht nur Erinnerung, sondern auch ein Zeichen gegen den wachsenden Antisemitismus in unserem Land», betonte er.
Mir fällt auf, wie unterschiedlich die Menschen hier sind – verschiedene Religionen, Altersgruppen, politische Richtungen. Dennoch eint sie heute das gemeinsame Gedenken. Die hessischen Behörden haben die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt, denn die Polarisierung hat seit dem Terrorangriff zugenommen.
In dieser Stunde der Besinnung wird mir wieder bewusst: Das Erinnern ist mehr als Pflicht – es ist Grundlage für Versöhnung. Während die Kerzen langsam niederbrennen, bleibt die Hoffnung, dass diese Solidarität nicht mit dem Ende der Veranstaltung erlischt, sondern in unseren Alltag hineinwirkt. Gemeinsam gegen das Vergessen.