Der Morgen des Prozessauftakts gegen Christoph Manjura war kühl und klar – wie die Fakten, die nun im Wiesbadener Landgericht auf den Tisch kommen sollen. Der ehemalige SPD-Sozialdezernent steht seit heute wegen Vorteilsnahme im Amt vor Gericht. Die AWO-Affäre, die unsere Stadt seit Jahren beschäftigt, bekommt damit ein neues Kapitel.
Im Gerichtssaal herrscht konzentrierte Stille. Manjura wird vorgeworfen, zwischen 2014 und 2018 überhöhte Gehälter an seine damalige Lebensgefährtin bewilligt zu haben. Es geht um knapp 180.000 Euro. Ein Fall, der exemplarisch für die Verflechtungen zwischen Politik und Wohlfahrtsverbänden steht. Als ich heute Morgen am Gericht ankam, traf ich eine ehemalige Mitarbeiterin der AWO. «Viele haben jahrelang weggeschaut, weil es bequem war», sagte sie kopfschüttelnd. Die Staatsanwaltschaft hat jahrelang ermittelt und sieht das Vertrauensverhältnis zwischen Bürgern und Politik beschädigt.
Ich erinnere mich noch gut an 2019, als die ersten Vorwürfe öffentlich wurden. Damals schien die Stadt wie gelähmt. Der Fall hat die politische Landschaft in Wiesbaden nachhaltig verändert. Die SPD kämpft bis heute mit den Folgen.
Was als lokaler Skandal begann, wirft grundsätzliche Fragen auf. Wie transparent müssen Entscheidungen in öffentlichen Ämtern sein? Wer kontrolliert die Kontrolleure? Während draußen am Gerichtsgebäude der Alltag weitergeht, wird drinnen über das Fundament unseres gesellschaftlichen Vertrauens verhandelt.