Der Herbstwind wirbelt Blätter vor meinen Füßen, während ich den Handwerker Fritz Müller treffe. Mit 68 Jahren steht er auf seinem Gerüst – vital und voller Schaffenskraft. «Komplett aufhören? Kommt nicht in Frage», sagt er und lacht. Frisch belebt sein Tatendrang eine alternde Gesellschaft, in der Fachkräfte fehlen und die Rentenkassen ächzen.
Ab April 2024 macht die sogenannte «Aktivrente» das Weiterarbeiten im Ruhestand attraktiver. Der Kniff: Rentner können künftig unbegrenzt hinzuverdienen, ohne dass ihre Rente gekürzt wird. Gleichzeitig lockt eine Steuerbefreiung auf Arbeitslosenversicherungsbeiträge. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil erhofft sich davon «mehr Flexibilität und Anreize für längeres Arbeiten». Wer möchte, kann sogar die Rentenbeiträge weiter einzahlen und damit seine späteren Bezüge erhöhen.
Letzte Woche beobachtete ich im Café eine Rentnergruppe, die lebhaft über diese Pläne diskutierte. «Wer kann, soll arbeiten dürfen», meinte eine Dame, «aber niemand sollte es müssen.» Der Gedanke blieb bei mir. Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm unterstreicht die volkswirtschaftliche Dimension: «Deutschland kann es sich nicht leisten, auf das Wissen und die Erfahrung älterer Menschen zu verzichten.»
Die Aktivrente ist kein Allheilmittel für unser Rentensystem. Sie öffnet jedoch Türen für jene, die wie Fritz ihre Lebensfreude und Kompetenz noch einbringen möchten. In einer Gesellschaft des langen Lebens brauchen wir neue Entwürfe des Älterwerdens – jenseits starrer Altersgrenzen und vorgezeichneter Lebenswege.