Im nächtlichen Nebel Kiels blinken die Blaulichter wie ferne Leuchttürme. Polizeieinsätze erzählen Geschichten unserer Stadt – manchmal dramatisch, oft alltäglich, immer relevant. Die digitale Echtzeitberichterstattung zu polizeilichen Vorfällen verändert unser Sicherheitsempfinden grundlegend.
Seit Monaten verfolge ich die Live-Ticker zu Polizeieinsätzen in Kiel. Die Unmittelbarkeit dieser Informationen fasziniert mich. „Die Transparenz polizeilicher Arbeit durch digitale Kanäle schafft Vertrauen, birgt aber auch Risiken», erklärt Polizeisprecher Michael Brandt beim Gespräch in der Wache am Waisenhof. Manchmal schreckt mich nachts die Benachrichtigung auf: Großeinsatz in der Holtenauer Straße. Ich schaue aus dem Fenster, sehe nichts, und doch weiß ich Bescheid.
Was früher erst am nächsten Tag in der Zeitung stand, erreicht uns heute sekündlich. Letzten Dienstag war ich zufällig am Hauptbahnhof, als mehrere Streifenwagen vorfuhren. Noch bevor ich die Situation erfassen konnte, informierte der Ticker bereits über einen medizinischen Notfall – keine Gefahr für Passanten.
Kriminologe Dr. Thomas Weber von der Universität Kiel sieht darin einen zweischneidigen Trend: «Wir gewinnen Sicherheit durch Information, verlieren aber manchmal den Kontext und die Verhältnismäßigkeit.»
Die ständige Verfügbarkeit von Polizeimeldungen macht uns zu digitalen Zeugen einer Stadt im Wandel. Vielleicht ist es genau diese neue Nähe zum polizeilichen Alltag, die unser Verhältnis zur öffentlichen Sicherheit neu definiert – im Guten wie im Herausfordernden.