In hessischen Klassenzimmern könnte bald Rapper Haftbefehl neben Goethe stehen. Eine Petition von Frankfurter Schülern fordert die Aufnahme seiner Texte in den Lehrplan – und stößt auf erstaunlich offene Ohren beim Kultusministerium.
Die Jugendlichen argumentieren überzeugend: Haftbefehls Verse spiegeln migrantische Lebenswelten wider, die viele Schüler besser verstehen als klassische Literatur. Seine Sprachmischung aus Deutsch, Türkisch und Arabisch – bekannt als «Babo-Slang» – ist längst Teil ihrer Alltagssprache. Das Kultusministerium zeigt sich gesprächsbereit und prüft den Vorschlag ernsthaft.
«Rapper wie Haftbefehl thematisieren soziale Ungleichheit und kulturelle Identität auf eine Weise, die Jugendliche direkt erreicht», erklärt Musikpädagoge Dr. Michael Rappe. Ich erinnere mich an einen Workshop, bei dem Schüler Haftbefehls «Chabos wissen wer der Babo ist» analysierten – mit mehr Begeisterung als bei jedem Gedicht zuvor.
Die Initiative aus Frankfurt steht nicht allein. Auch in NRW und Berlin werden populärkulturelle Inhalte zunehmend in Lehrpläne integriert. Rap als Kulturgut und Sprachkunst zu würdigen, könnte Brücken bauen – zwischen Generationen, Kulturen und dem, was wir als «Bildung» verstehen. Die Grenze zwischen Straße und Klassenzimmer war wohl noch nie so durchlässig.