Ich stehe an diesem Montagmorgen in der U-Bahn und beobachte die jungen Menschen um mich herum. Smartphones, Kopfhörer, Zukunftspläne. Keiner denkt an Wehrpflicht. Doch das Thema ist zurück in unserer Gesellschaft – mit überraschenden Nuancen. Die aktuelle Debatte um eine mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht spaltet Deutschland auf unerwartete Weise.
Eine neue Umfrage zeigt: 68 Prozent der Deutschen befürworten eine verpflichtende Musterung für junge Männer. Bei Frauen unterstützen immerhin 58 Prozent dieses Vorhaben. Doch die Zustimmung endet bei der konkreten Dienstpflicht. Nur ein Viertel der Befragten würde selbst Wehrdienst leisten wollen. «Die grundsätzliche Unterstützung für die Bundeswehr ist vorhanden, aber die persönliche Opferbereitschaft fehlt häufig», erklärt Sicherheitsexperte Prof. Markus Weber von der Universität München.
Gestern im Café belauschte ich ein Gespräch zwischen zwei Studenten. «Musterung okay, aber ich habe andere Pläne», sagte einer. Diese Haltung scheint typisch. Die Diskrepanz zwischen theoretischer Zustimmung und praktischer Bereitschaft spiegelt unsere gesellschaftliche Ambivalenz wider. Besonders interessant: In Ostdeutschland ist die Skepsis gegenüber Wehrpflicht größer als im Westen. Die Bundesregierung steht vor der Herausforderung, diese Kluft zu überbrücken.
Die Rückkehr der Wehrpflichtdebatte offenbart mehr als nur militärische Fragen. Sie zeigt unseren Umgang mit Pflicht, Freiheit und Gemeinwohl in einer veränderten Welt. Als ich heute Morgen die vielen jungen Menschen betrachtete, fragte ich mich: Wie viele von ihnen würden wirklich dienen? Die Antwort scheint klar – und fordert uns heraus, über Verantwortung neu nachzudenken.