In der grauen Novemberluft spüre ich Kiels verändertes politisches Klima. Die Landeshauptstadt steht vor einem bedeutsamen Machtwechsel. Erstmals seit 1946 wird kein SPD-Kandidat das Rathaus führen. Ulf Kämpfer hat sich nach knapp zehn Jahren entschieden, nicht erneut anzutreten. Nun greift die CDU nach der Macht in dieser traditionellen SPD-Hochburg.
Der Wahlsonntag brachte ein eindeutiges Ergebnis: CDU-Kandidat Tobias Bergmann setzte sich mit 54,4 Prozent gegen die SPD-Herausforderin Bettina Aust durch. Die Sozialdemokratin erreichte nur 45,6 Prozent der Stimmen. Ich beobachtete, wie im Rathaus die Gesichter der SPD-Anhänger immer länger wurden, während die Ergebnisse einliefen. Ein historischer Moment für Kiel. Die Wahlbeteiligung lag bei mageren 38,2 Prozent – erschreckend niedrig für eine so wichtige Entscheidung.
«Wir erleben einen Generationswechsel in der Kieler Politik», erklärte mir ein langjähriger Kommunalpolitiker am Rande der Wahlparty. «Die alten Parteiloyalitäten bröckeln, die Wähler entscheiden heute stärker nach Person als nach Parteibuch.»
Während ich durch die Kieler Innenstadt schlendere, frage ich mich: Was bedeutet dieser Machtwechsel für die Stadt? Für die maritime Tradition, den Wandel zur Wissenschaftsstadt, die sozialen Herausforderungen? Die Kieler stehen am Beginn eines neuen Kapitels. Ob das Vertrauen in die CDU gerechtfertigt ist, werden die kommenden Jahre zeigen. Die Sozialdemokraten müssen sich indes neu aufstellen – in der Hoffnung, ihre traditionelle Hochburg zurückzuerobern.