Die Atmosphäre im Saal war zum Schneiden dick. Mehrere Gäste verließen demonstrativ den Raum, als CDU-Chef Friedrich Merz ans Rednerpult trat. Was als festliche Preisverleihung geplant war, entwickelte sich binnen Minuten zum politischen Statement. Der Protest richtete sich gegen Merz› umstrittene Äußerungen zur Migration und seine jüngsten asylpolitischen Vorstöße.
«Wir können nicht zusehen, wie demokratische Grundwerte für populistische Zwecke geopfert werden», erklärte eine der Protestierenden später. Die Szene spiegelt die wachsende gesellschaftliche Polarisierung wider. Besonders Merz› Aussagen über «kleine Paschas» und seine Forderungen nach härteren Grenzkontrollen hatten zuletzt für Empörung gesorgt. Dabei ging es nicht nur um Wortwahl, sondern um grundsätzliche Richtungsfragen deutscher Politik.
Für mich war der Vorfall ein Déjà-vu. Vor zwei Jahren erlebte ich bei einer Kulturveranstaltung einen ähnlichen Eklat. Damals wie heute zeigte sich: Symbolische Proteste gewinnen wieder an Bedeutung. Die Bereitschaft, Konfrontation zu wagen statt höflich zu schweigen, wächst spürbar. Kulturveranstaltungen werden zunehmend zu Orten politischer Auseinandersetzung.
Die Reaktionen auf den Protest fielen erwartbar gemischt aus. Während Kritiker Respektlosigkeit beklagten, sahen Befürworter ein notwendiges Zeichen. In Zeiten verhärteter Fronten sind solche Momente mehr als bloße Störungen. Sie sind Spiegel einer Gesellschaft, die um ihre Werte und Grenzen des Sagbaren ringt.