Die Bühne im English Theatre Hamburg war gestern Abend in mystisches Licht getaucht. Viktorianische Möbel, flackernde Gaslampen und eine Atmosphäre, die unter die Haut geht. Patrick Hamiltons Psychothriller «Gaslight» feierte Premiere und ich saß mittendrin im ausverkauften Saal.
Das Stück aus dem Jahr 1938 berührt auch heute noch – vielleicht sogar mehr denn je. Der Begriff «Gaslighting» ist längst Teil unseres Vokabulars geworden. Er beschreibt psychische Manipulation, bei der das Opfer an der eigenen Wahrnehmung zweifelt. Auf der Bühne entfaltet sich dieses Phänomen in beklemmender Intensität. Die Hauptdarstellerin Emma Wilkins überzeugt als Bella, deren Ehemann sie systematisch in den Wahnsinn treibt. Ihre zitternden Hände sprechen Bände. «Diese Rolle fordert alles», erzählte sie mir nach der Vorstellung. «Man muss den schleichenden Kontrollverlust physisch spüren.»
Besonders beeindruckend fand ich die Lichtgestaltung. Die namensgebenden Gaslampen werden zum Symbol für Manipulation. Sie flackern mysteriös, während Bella verzweifelt ihre Sinne anzweifelt. Vor einigen Jahren erlebte ich selbst eine Beziehung, in der ständig meine Erinnerungen in Frage gestellt wurden. Diese persönliche Erfahrung macht das Stück für mich umso eindringlicher.
In Zeiten, in denen «Fake News» und Manipulation allgegenwärtig sind, wirkt «Gaslight» erschreckend aktuell. Es erinnert uns daran, wie fragil unsere Wahrnehmung sein kann. Die stehenden Ovationen gestern Abend zeigten: Gutes Theater hält uns einen Spiegel vor – manchmal einen erschreckend klaren. Und das English Theatre Hamburg beweist wieder einmal, dass englischsprachiges Theater in unserer Stadt eine wichtige kulturelle Brücke schlägt.