Die neuen Zahlen zur Vermögensverteilung in Deutschland haben mich diese Woche wirklich aufgewühlt. Der Unterschied zwischen Ost und West bleibt auch nach über drei Jahrzehnten Einheit erschreckend groß. Im Westen besitzen die Menschen durchschnittlich doppelt so viel Vermögen wie im Osten. Diese Diskrepanz spüre ich bei jeder Recherchereise durch ostdeutsche Regionen.
Die Ursachen reichen weit zurück. Nach der Wende fehlte vielen Ostdeutschen schlicht die Zeit, um Vermögen aufzubauen. Die Treuhand verkaufte Betriebe oft an westdeutsche Investoren. «Die Privatisierungspolitik der 90er Jahre wirkt bis heute nach», erklärt Carsten Schneider, Ostbeauftragter der Bundesregierung. «Dadurch sind viele Eigentumsverhältnisse zementiert worden.» Als ich letzte Woche mit Familien in Thüringen sprach, wurde deutlich: Wer kein Erbe erwarten kann, hat es schwer. Die niedrigeren Löhne im Osten verschärfen das Problem zusätzlich. Viele junge Menschen verlassen deshalb ihre Heimat. Bei einem Besuch in meinem Heimatdorf nahe Leipzig sah ich ganze Straßenzüge, in denen nur noch Ältere leben.
Die Folgen dieser Ungleichheit reichen tief. Sie nährt Frustration und Politikverdrossenheit. Schneider fordert nun konkrete Maßnahmen: gezielte Wirtschaftsförderung und Vermögensaufbau für Benachteiligte. Die Frage bleibt: Wann wird aus der deutschen Einheit auch eine wirtschaftliche Gleichheit? Es wird Zeit, dass wir als Gesellschaft diese Gerechtigkeitslücke endlich ernsthaft angehen.