Die Grünen haben ihre Wunden geleckt. Drei Tage lang rangen sie in Hannover um neue Ausrichtung und frischen Mut. Nach dem Ampel-Aus und den jüngsten Wahlniederlagen fühlte sich die Stimmung anders an. «Wir stehen überall unter Beschuss», gestand Robert Habeck in seiner kämpferischen Rede. Die knapp 830 Delegierten suchten nach Wegen, ihre Kernthemen Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit neu zu vermitteln.
Die Partei steht vor einer Zerreißprobe. Einerseits will sie Klimaschutz vorantreiben, andererseits die wirtschaftliche Realität nicht ignorieren. «Wir müssen zeigen, dass Klimaschutz und wirtschaftlicher Erfolg zusammengehören», erklärte Ricarda Lang in unserem Gespräch am Rande des Parteitags. Die Ko-Vorsitzende wirkte entschlossen, trotz der schwierigen Lage. Ich beobachtete, wie viele Delegierte zwischen Trotz und Selbstzweifel schwankten. Ein junges Mitglied aus Bayern flüsterte mir zu: «Wir wurden in der Ampel zu Kompromissmaschinen.»
Besonders spannend war die Debatte zur neuen Oppositionsrolle. Die Partei will konstruktiv bleiben, aber klare Kante zeigen. Beim Klimaschutz will man pragmatischer kommunizieren, ohne Kernziele aufzugeben. Als jemand, der seit Jahren grüne Parteitage verfolgt, spürte ich eine neue Nachdenklichkeit. Keine revolutionäre Aufbruchstimmung wie früher, eher ein realistischer Blick auf die eigenen Möglichkeiten.
Der Parteitag markiert einen Wendepunkt. Die Grünen positionieren sich als demokratische Kraft gegen Rechtspopulismus, wollen aber gleichzeitig ihre Klimaschutzpolitik bürgernäher gestalten. Ob dieser Spagat gelingt, wird sich zeigen. Manchmal braucht es einen Schritt zurück, um wieder vorwärts zu kommen. Die Grünen scheinen bereit für diesen schwierigen Weg.