Die Atmosphäre im nordrhein-westfälischen Landtag glich gestern einem politischen Schachspiel. Ministerpräsident Hendrik Wüst blieb den Debatten fern – für eine Reise nach Berlin zum Thema Verwaltungsmodernisierung. Die SPD-Fraktion reagierte prompt mit scharfer Kritik und warf Wüst «Kuckuck-Politik» vor.
«Während in NRW brennende Probleme auf dem Tisch liegen, macht sich der Ministerpräsident einen schlanken Fuß in Berlin», kommentierte SPD-Fraktionschef Jochen Ott sichtlich verärgert. Die Inszenierung des Gipfels zur Verwaltungsmodernisierung sei reine Symbolpolitik. Wüst nutze die Bühne in Berlin, um sich als Macher zu präsentieren, während er heimische Aufgaben vernachlässige. Mir fiel dabei auf, wie geschickt die politische Kommunikation heute funktioniert: Präsenz an einem Ort wird sofort als Abwesenheit am anderen interpretiert.
Besonders pikant: Wüst selbst hatte kürzlich die Bundesregierung für ihre Verwaltungspraxis kritisiert. Nun stand er selbst am Pranger. Die CDU verteidigte ihren Ministerpräsidenten und betonte die Bedeutung der länderübergreifenden Zusammenarbeit. Als ich die verhärteten Fronten beobachtete, erinnerte mich das an frühere Berichterstattungen über ähnliche parteipolitische Scharmützel.
Die Debatte zeigt mehr als nur den üblichen politischen Schlagabtausch. Sie spiegelt die Spannung zwischen lokaler Verantwortung und bundesweiter Positionierung wider. Während Bürger konkrete Lösungen erwarten, bleibt die Frage: Wann wird der politische Diskurs wieder mehr Substanz als Symbolik bieten?