Die Straßen in Gießen bebten letzten Samstag. Nicht vom üblichen Wochenendtrubel, sondern von Protestgesängen und dem Echo polizeilicher Durchsagen. Während die AfD im Kongresszentrum tagte, versammelten sich draußen hunderte Menschen. Besonders die Konfrontation zwischen Polizei und jugendlichen Demonstrierenden sorgt nun für hitzige Debatten.
«Was wir erlebt haben, war ein völlig unverhältnismäßiger Einsatz gegen friedliche Demonstranten», berichtet Lena K., eine 19-jährige Teilnehmerin. Tatsächlich zeigen Videos in sozialen Medien Szenen, die nachdenklich stimmen. Polizisten in Schutzausrüstung umringen junge Menschen, Pfefferspray kommt zum Einsatz. Das Bündnis «Widersetzen» spricht von «massiver Polizeigewalt» gegen Minderjährige. Die Polizei hingegen betont, man habe auf Verstöße gegen Auflagen reagiert und verhindert, dass Absperrungen durchbrochen wurden.
Ich war selbst vor Ort und konnte die Anspannung förmlich greifen. Die Stadt schien in zwei Lager gespalten: drinnen die Parteitagsteilnehmer, draußen die bunte Mischung aus Jugendlichen, Gewerkschaftern und Familien. Innenminister Roman Poseck verteidigt den Einsatz: «Die Polizei hat besonnen und professionell gehandelt.»
In Zeiten politischer Polarisierung werden selbst Demonstrationen zur Zerreißprobe für unsere Demokratie. Der Gießener Polizeieinsatz reiht sich ein in eine wachsende Debatte um Versammlungsfreiheit und staatliche Reaktionen. Was bleibt, sind verstörende Bilder und die Frage, wie wir künftig mit politischem Protest umgehen wollen.