In der Vorweihnachtszeit sorgte eine rechtsextreme Aktion in der Münchner U-Bahn für Beunruhigung. Mehrere Männer in Weihnachtsmann-Kostümen verteilten Flugblätter mit rassistischen und antisemitischen Inhalten. Die Kriminalpolizei ermittelt nun wegen Volksverhetzung.
Am vergangenen Wochenende betraten sechs als Weihnachtsmänner verkleidete Personen die U-Bahn am Marienplatz. Zunächst schien es wie ein harmloser weihnachtlicher Scherz. Doch dann begannen die Männer, Flugblätter an Fahrgäste zu verteilen. Der Inhalt: Hetze gegen Migranten, antisemitische Verschwörungstheorien und rechtsextreme Parolen.
«Die Verkleidung als Weihnachtsmänner sollte offensichtlich dazu dienen, zunächst Vertrauen zu wecken und dann die extremistischen Inhalte zu verbreiten», erklärt ein Sprecher der Münchner Polizei. «Diese Methode ist besonders perfide, weil sie Kinder und Familien als Zielgruppe missbraucht.»
Nach Zeugenaussagen verließen die Täter die U-Bahn an der Station Universität. Eine aufmerksame Fahrgästin alarmierte umgehend die Polizei und übergab eines der Flugblätter. Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen aufgenommen und wertet derzeit Aufnahmen der Überwachungskameras aus.
Laut Polizei handelt es sich bei den Inhalten um strafbare Volksverhetzung. Die Flugblätter enthielten Aufrufe zur Diskriminierung von Minderheiten und verunglimpften systematisch Bevölkerungsgruppen. Die Behörden prüfen auch Verbindungen zu bekannten rechtsextremen Gruppierungen in München.
Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) zeigte sich bestürzt über den Vorfall. «Wir verurteilen jede Form von Extremismus und Hetze in unseren Fahrzeugen aufs Schärfste», betonte MVG-Sprecher Thomas Müller. «Unsere Fahrgäste sollen sich sicher fühlen. Wer solche Inhalte verbreitet, ist in unseren Verkehrsmitteln nicht willkommen.»
Oberbürgermeister Dieter Reiter verurteilte die Aktion: «München ist eine weltoffene Stadt. Für Rassismus und Antisemitismus ist hier kein Platz. Wir werden solche Vorfälle nicht tolerieren.»
Der Vorfall reiht sich in eine besorgniserregende Entwicklung ein. Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz verzeichnet seit Monaten eine Zunahme rechtsextremer Aktivitäten im öffentlichen Raum. Besonders die Versuche, mit harmlos wirkenden Aktionen junge Menschen anzusprechen, bereiten den Behörden Sorge.
Miriam Heigl, Leiterin der Fachstelle für Demokratie der Stadt München, rät Bürgerinnen und Bürgern, wachsam zu sein: «Wenn Sie in öffentlichen Verkehrsmitteln oder auf Plätzen mit Flugblättern konfrontiert werden, prüfen Sie kritisch die Inhalte und die Absender. Bei problematischen Inhalten informieren Sie bitte die Polizei.»
Die Ermittler bitten Zeugen, die am Wochenende die Gruppe der als Weihnachtsmänner verkleideten Personen in der U-Bahn gesehen haben, sich zu melden. Besonders wichtig sind Hinweise zur Identität der Täter und mögliche Fotos oder Videos des Vorfalls.
Für die kommenden Wochen kündigt die Polizei verstärkte Präsenz in den öffentlichen Verkehrsmitteln an, um ähnliche Aktionen zu verhindern. Auch die MVG will ihr Sicherheitspersonal sensibilisieren.
Experten für Extremismusprävention empfehlen Eltern, mit Kindern über solche Vorfälle zu sprechen. «Kinder sollten wissen, dass nicht jeder, der freundlich aussieht oder ein Kostüm trägt, auch gute Absichten hat», erklärt Sozialpsychologin Dr. Claudia Weber. «Gleichzeitig ist es wichtig, keine Ängste zu schüren, sondern Medienkompetenz und kritisches Denken zu fördern.»
Der Vorfall zeigt, wie Extremisten versuchen, die Weihnachtszeit und beliebte Symbole für ihre Propaganda zu missbrauchen. Die Münchner Stadtgesellschaft reagiert jedoch mit Entschlossenheit: Für die kommende Woche haben mehrere zivilgesellschaftliche Organisationen eine Aktion für Vielfalt und Toleranz in der U-Bahn angekündigt.