30 neue Stellen für die Jugendhilfe: Hamburg stärkt Bezirke im Kampf gegen Kinderarmut
In Hamburg erhalten die sieben Bezirke eine deutliche Verstärkung im Bereich der Jugendhilfe. Insgesamt 30 neue Stellen werden in diesem und im kommenden Jahr geschaffen. Die zusätzlichen Fachkräfte sollen vor allem Familien und Kinder in schwierigen Lebenslagen unterstützen und präventiv gegen Kinderarmut vorgehen.
«Diese Verstärkung kommt genau zur richtigen Zeit», erklärt Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer bei der Vorstellung des Programms. «In einigen Stadtteilen sehen wir eine Zunahme von Familien in prekären Situationen. Mit den neuen Fachkräften können wir schneller und gezielter helfen.»
Die neuen Stellen werden nach einem Sozialindex auf die Bezirke verteilt. Stadtteile mit besonderem Unterstützungsbedarf erhalten mehr Personal. So bekommen etwa Wilhelmsburg, Billstedt und Teile von Altona eine überdurchschnittliche Verstärkung.
Präventive Arbeit im Vordergrund
Die zusätzlichen Fachkräfte sollen vor allem präventiv arbeiten. «Wir wollen Probleme erkennen, bevor sie eskalieren», betont Birgit Meyer, Leiterin des Jugendamts Hamburg-Mitte. «Wenn wir frühzeitig unterstützen, können wir verhindern, dass Familien in schwere Krisen geraten.»
Die neuen Mitarbeiter werden direkt in den Quartieren eingesetzt. Sie besuchen Familien zu Hause, bieten Beratung an und vermitteln zwischen Eltern und Behörden. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Zusammenarbeit mit Kitas und Schulen.
Expertin Anna Wolff vom Hamburger Kinderschutzbund begrüßt die Maßnahme: «Die Bezirke brauchen dringend mehr Personal. In den letzten Jahren sind die Anfragen bei uns deutlich gestiegen. Viele Familien wissen oft nicht, welche Unterstützung ihnen zusteht oder wie sie diese beantragen können.»
Millionenpaket gegen Kinderarmut
Die neuen Stellen sind Teil eines umfassenderen Programms gegen Kinderarmut, das der Hamburger Senat im Februar beschlossen hat. Insgesamt investiert die Stadt 10,5 Millionen Euro in verschiedene Maßnahmen. Neben den zusätzlichen Fachkräften werden auch neue Beratungsangebote geschaffen und bestehende Familienzentren ausgebaut.
In Hamburg lebt etwa jedes fünfte Kind in einer Familie, die Sozialleistungen bezieht. Diese Kinder haben oft schlechtere Bildungschancen und nehmen seltener an kulturellen oder sportlichen Aktivitäten teil. Das neue Programm soll diese Nachteile ausgleichen.
«Es geht nicht nur um finanzielle Unterstützung», erklärt Bezirksamtsleiter Ralf Schmidt. «Wir wollen Kindern und Jugendlichen konkrete Perspektiven eröffnen. Dazu gehören Freizeitangebote, Lernförderung und kulturelle Teilhabe.»
Fachkräftemangel bleibt Herausforderung
Trotz der positiven Entwicklung bleibt der Fachkräftemangel eine große Herausforderung. Viele Stellen in der Jugendhilfe sind bereits jetzt unbesetzt. «Die 30 neuen Stellen sind ein wichtiger Schritt, aber wir müssen auch die bestehenden Stellen besetzen können», gibt Meyer zu bedenken.
Um qualifizierte Bewerber zu gewinnen, plant die Stadt eine Werbekampagne an Hochschulen und Fachschulen. Zudem sollen die Arbeitsbedingungen verbessert werden, etwa durch flexiblere Arbeitszeiten und bessere Aufstiegschancen.
Die ersten neuen Mitarbeiter haben bereits im März ihre Arbeit aufgenommen. Die übrigen Stellen sollen bis Ende des Jahres besetzt sein. Eine begleitende Studie wird untersuchen, wie sich die zusätzlichen Fachkräfte auf die Situation der Familien auswirken.
Für betroffene Familien ändert sich konkret: Sie haben künftig einen leichteren Zugang zu Beratung und Unterstützung. Die Wartezeiten sollen kürzer werden, und die Hilfe soll besser auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sein. Insbesondere Alleinerziehende und Familien mit mehreren Kindern profitieren von den zusätzlichen Angeboten.
In den Stadtteilen mit besonderem Bedarf werden zudem neue Anlaufstellen eingerichtet, wo Eltern ohne Termin Rat und Hilfe erhalten können. «Wir kommen zu den Menschen, statt zu erwarten, dass sie zu uns kommen», beschreibt eine neue Mitarbeiterin ihren Ansatz.
Mit der Aufstockung des Personals reagiert Hamburg auf eine Entwicklung, die auch in anderen Großstädten zu beobachten ist. Die Corona-Pandemie hat die Situation vieler Familien verschärft. Gleichzeitig sind die Anforderungen an die Jugendhilfe gestiegen, etwa durch neue gesetzliche Vorgaben zum Kinderschutz.
Anwohner und Sozialverbände begrüßen die Initiative grundsätzlich, mahnen aber eine langfristige Finanzierung an. «Die zusätzlichen Stellen müssen dauerhaft gesichert sein», fordert Wolff vom Kinderschutzbund. «Prävention braucht einen langen Atem und kontinuierliche Arbeit.»