In der vergangenen Nacht haben Umweltaktivisten in verschiedenen Berliner Stadtteilen die Luft aus den Reifen von mindestens 23 SUVs und anderen großen Fahrzeugen gelassen. Die Aktion wurde hauptsächlich in den wohlhabeneren Bezirken Prenzlauer Berg und Charlottenburg durchgeführt. An den betroffenen Fahrzeugen hinterließen die Aktivisten Flugblätter mit Erklärungen.
Die Polizei Berlin bestätigte den Vorfall am Morgen. Nach ersten Erkenntnissen wurden keine dauerhaften Schäden an den Fahrzeugen verursacht. Die Beamten haben die Ermittlungen aufgenommen und prüfen, ob es sich um Sachbeschädigung handelt, auch wenn nur die Luft abgelassen und keine Reifen zerstochen wurden.
Laut einem Bekennerschreiben, das an mehreren betroffenen Fahrzeugen angebracht war, handelt es sich um eine Aktion der Gruppe «Tyre Extinguishers» (Reifenlöscher). Die internationale Bewegung ist bekannt für ähnliche Aktionen in verschiedenen europäischen Städten und in den USA.
«SUVs und Geländewagen sind ein Klimaverbrechen», heißt es in dem Schreiben. «Wir haben die Luft aus Ihren Reifen gelassen, weil Fahren in einem riesigen Geländewagen in einem Stadtgebiet enorme Folgen für andere hat.» Die Aktivisten kritisieren besonders den höheren CO2-Ausstoß und die Gefahr, die große Fahrzeuge für andere Verkehrsteilnehmer darstellen.
Anwohner reagieren unterschiedlich auf die Aktion. Während einige Verständnis für die Umweltsorgen zeigen, kritisieren andere die Methode scharf. «Das ist kein Aktivismus, das ist einfach nur ärgerlich und potenziell gefährlich», sagte Julia Meier, deren Nachbarin betroffen war. «Was, wenn jemand dringend ins Krankenhaus muss und erst bemerkt, dass sein Auto fahruntüchtig ist, wenn er loswill?»
Der ADAC Berlin-Brandenburg verurteilte die Aktion und warnte vor möglichen Sicherheitsrisiken: «Das Ablassen von Luft aus Reifen kann zu gefährlichen Situationen führen, wenn Fahrer den Druckverlust nicht bemerken und losfahren. Außerdem behindert es Menschen in ihrer Mobilität, die möglicherweise auf ihr Fahrzeug angewiesen sind.»
Berlins Innensenatorin Iris Spranger äußerte sich besorgt über die zunehmende Radikalisierung mancher Umweltgruppen: «Protest muss im Rahmen der Gesetze stattfinden. Aktionen, die fremdes Eigentum beschädigen oder gefährden, können nicht akzeptiert werden.»
Nach Angaben der Polizei handelt es sich nicht um den ersten Vorfall dieser Art in Berlin. Bereits im Sommer wurden ähnliche Aktionen in Mitte und Kreuzberg registriert. Die «Tyre Extinguishers» hatten sich auch zu diesen Vorfällen bekannt und auf ihrer Website erklärt, dass sie ihre Aktionen fortsetzen wollen, bis «SUVs aus unseren Städten verschwunden sind».
Klimaexperten betonen, dass der Verkehrssektor eine wichtige Rolle beim Klimaschutz spielt. «SUVs verbrauchen durchschnittlich mehr Kraftstoff als kleinere Fahrzeuge. Angesichts des steigenden Anteils solcher Fahrzeuge im Stadtverkehr ist die Kritik nachvollziehbar», erklärt Dr. Martin Weber vom Institut für Klimaforschung Berlin. «Allerdings müssen wir als Gesellschaft gemeinsam Lösungen finden, statt zu Aktionen zu greifen, die einzelne Bürger belasten.»
Die Polizei bittet betroffene Fahrzeughalter, sich zu melden, und sucht nach Zeugen, die in der vergangenen Nacht verdächtige Beobachtungen gemacht haben.