In den frühen Morgenstunden des Sonntags wurden Anwohner im Düsseldorfer Hafen durch mehrere Schüsse aus dem Schlaf gerissen. Was zunächst wie Feuerwerk klang, entpuppte sich schnell als ernsthafter Vorfall. Die Polizei bestätigte, dass gegen 3:30 Uhr ein Schusswechsel zwischen mehreren Personen im Bereich der Kaistraße stattfand.
«Ich dachte erst, es wären späte Nachtschwärmer mit Böllern», berichtet Anna Schmitz, die in einem der neuen Wohngebäude nahe des Hafenbeckens lebt. «Aber dann hörte ich Schreie und kurz darauf Sirenen.» Laut Polizeisprecher Michael Weber waren Streifenbeamte innerhalb von drei Minuten vor Ort, konnten die Täter jedoch nicht mehr antreffen.
Die Spurensicherung fand acht Patronenhülsen auf dem Bürgersteig vor einem Club, der bei jungen Düsseldorfern beliebt ist. Laut Augenzeugen sollen drei Männer in einen Streit geraten sein, der auf der Straße eskalierte. Ein 26-jähriger Mann wurde mit einer Schussverletzung am Bein ins Universitätsklinikum eingeliefert. Sein Zustand ist stabil.
Aufgrund der Schwere des Vorfalls hat die Düsseldorfer Polizei eine Mordkommission eingerichtet. «Wir ermitteln wegen eines versuchten Tötungsdelikts», erklärt Kriminalhauptkommissarin Sabine Lohmann, die die Ermittlungen leitet. «Derzeit sichten wir Videomaterial aus Überwachungskameras und befragen Zeugen.»
Der Düsseldorfer Hafen hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Was einst reines Industriegebiet war, ist heute ein angesagtes Viertel mit Medienunternehmen, Restaurants und Wohnungen. Die Kriminalitätsrate im Hafen lag laut Statistiken des Polizeipräsidiums Düsseldorf im Jahr 2024 unter dem städtischen Durchschnitt.
Oberbürgermeister Felix Schmidt zeigte sich besorgt über den Vorfall: «Der Hafen ist eines unserer Vorzeigeprojekte für moderne Stadtentwicklung. Wir werden nicht zulassen, dass einzelne Gewalttäter das friedliche Zusammenleben hier gefährden.» Die Stadt hat angekündigt, die Polizeipräsenz im Hafengebiet vorübergehend zu verstärken.
Die Ermittler vermuten einen Zusammenhang mit Auseinandersetzungen im Nachtleben. «Erste Hinweise deuten darauf hin, dass es sich nicht um eine zufällige Begegnung handelte», so Kommissarin Lohmann. Die Polizei bittet Personen, die sich zwischen 3:00 und 4:00 Uhr im Bereich der Kaistraße aufhielten, sich zu melden.
Der Clubbetreiber Marco Rossi distanziert sich von dem Vorfall: «In unserem Lokal gab es keinerlei Streitigkeiten. Die Auseinandersetzung muss draußen begonnen haben.» Sein Club bleibt auf Anordnung der Behörden vorerst geschlossen, während die Ermittlungen laufen.
Anwohner des Hafenviertels zeigen sich beunruhigt, aber nicht überrascht. «Am Wochenende geht es hier manchmal wild zu», sagt der 42-jährige Thomas Becker, der seit fünf Jahren im Medienhafen wohnt. «Aber Schüsse, das ist eine neue Dimension.»
Die Polizei hat eine Hotline für Hinweise eingerichtet und verspricht Diskretion. Besonders gesucht werden Handyvideos, die den Vorfall dokumentieren könnten. Experten der Kriminaltechnik untersuchen die Projektile, um festzustellen, wie viele Waffen im Einsatz waren.
Es ist nicht der erste Zwischenfall dieser Art in Düsseldorf, aber der erste im aufstrebenden Hafenviertel. Im Sommer 2024 kam es in der Altstadt zu einer ähnlichen Auseinandersetzung, bei der zwei Personen verletzt wurden. Die damaligen Täter konnten gefasst werden und stehen derzeit vor Gericht.
Stadtrat Henrik Müller vom Ausschuss für öffentliche Sicherheit kündigte eine Sondersitzung an: «Wir müssen analysieren, ob wir es mit einem strukturellen Problem zu tun haben oder mit einem Einzelfall.» Die Bürgerinitiative «Sicherer Hafen» fordert mehr Videoüberwachung und regelmäßige Polizeistreifen.
Die Polizei hat eine Taskforce gebildet, die sich speziell mit nächtlicher Gewalt in den Ausgehvierteln befasst. «Wir sehen eine besorgniserregende Entwicklung, dass Konflikte immer häufiger mit Waffen ausgetragen werden», sagt Polizeipräsidentin Petra Keller.
Das Sicherheitsgefühl der Düsseldorfer ist durch den Vorfall beeinträchtigt. Eine Umfrage der Rheinischen Post ergab, dass 67 Prozent der Befragten sich Sorgen um die öffentliche Sicherheit in der Stadt machen. Besonders junge Frauen geben an, bestimmte Bereiche nachts zu meiden.
Für die kommenden Tage sind verstärkte Kontrollen im Hafengebiet angekündigt. Die Ermittlungen der Mordkommission laufen auf Hochtouren. Wer Hinweise zum Tathergang oder den Beteiligten geben kann, wird gebeten, sich unter der Nummer 0211-8700 bei der Polizei zu melden.