Der Wind weht anders durch Ostdeutschlands Medienlandschaft. Seit einigen Wochen kursieren Gerüchte über ein neues publizistisches Projekt. Nun verdichten sich die Hinweise: Holger Friedrich, Eigentümer des Berliner Verlags, plant offenbar ein ostdeutsches Leitmedium mit Sitz in Halle an der Saale.
Die Wahl des Standorts überrascht kaum. Halle ist nicht nur kulturell bedeutsam, sondern liegt geografisch ideal im Dreiländereck Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Friedrich scheint strategisch zu denken. Über seine Holding Silberlinde hat er bereits das Grundstück der ehemaligen «Freiheit»-Druckerei erworben. Das Team wächst unterdessen stetig. Ehemalige Mitarbeiter der Mitteldeutschen Zeitung und andere Medienprofis wurden bereits angeworben.
«Der Osten braucht eine eigene, selbstbewusste Stimme«, erklärte mir kürzlich ein Medienforscher aus Leipzig. «Die Perspektiven und Lebenswirklichkeiten der Ostdeutschen finden in überregionalen Medien oft zu wenig Beachtung.» Diese Einschätzung teilen viele. Als ich letzte Woche durch Halle spazierte, spürte ich die Neugier der Menschen auf dieses Projekt.
Friedrichs Vorhaben wirft wichtige Fragen auf. Kann ein neues Medium tatsächlich die ostdeutsche Identität stärken? Die Medienlandschaft verändert sich rasant. Gerade in Zeiten sinkender Auflagen bei Printmedien erscheint das Projekt mutig. Vielleicht braucht es genau diesen Mut, um publizistische Lücken zu schließen und ostdeutschen Perspektiven mehr Gehör zu verschaffen.