Die ersten Risse in der sonst so einigen AfD-Front werden sichtbar. Der Bundestagsabgeordnete Rüdiger Lucassen erhielt eine offizielle Rüge seiner eigenen Partei. Sein Vergehen? Kritik am thüringischen AfD-Chef Björn Höcke. Besonders brisant: Lucassen ist kein Hinterbänkler, sondern sitzt im Bundesvorstand und leitet den wichtigen Verteidigungsausschuss.
«Die Partei betreibt Selbstzensur und will kritische Stimmen mundtot machen», sagte mir Lucassen gestern am Telefon. Seine Stimme klang dabei ruhig, aber entschlossen. Der Konflikt entzündete sich an Höckes umstrittener «Alles für Deutschland»-Parole. Während die Parteiführung geschlossen hinter Höcke steht, wagte Lucassen das Undenkbare: öffentliche Kritik am Parteikollegen.
Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem AfD-Mitglied auf einer Parteiveranstaltung in Berlin letztes Jahr. «Bei uns darf jeder seine Meinung sagen», versicherte er mir damals. Die Realität scheint komplizierter. Das Ordnungsverfahren gegen Lucassen zeigt die internen Machtkämpfe zwischen dem rechtsextremen «Flügel» um Höcke und gemäßigteren Kräften.
Die Rüge ist mehr als parteiinterner Knatsch. Sie wirft ein Schlaglicht auf die Frage, wie die AfD mit Kritik umgeht. Während sie Meinungsfreiheit fordert, scheint diese in den eigenen Reihen enge Grenzen zu haben. Der Fall Lucassen könnte nur der Anfang einer größeren Zerreißprobe sein.