Das geht mir unter die Haut: Friedrich Merz steht am Rednerpult und spricht Klartext. «Wir sind kein Spielball von Großmächten», erklärt der neue Bundeskanzler mit fester Stimme vor dem Bundestag. Seine erste Regierungserklärung hat es in sich. Ich spüre förmlich die Spannung im Saal, während er die außenpolitische Neuausrichtung skizziert.
Deutschland bewegt sich auf dünnem Eis. Zwischen den USA, China und Russland sucht die Bundesrepublik ihren eigenen Weg. Merz betont die Notwendigkeit einer starken europäischen Gemeinschaft. «Europa muss souveräner werden, ohne seine transatlantischen Bindungen zu vernachlässigen», zitiert er seinen Außenminister. Das klingt nach Balanceakt. Gestern noch saß ich mit einem Wirtschaftsvertreter beim Kaffee, der genau diese Sorge äußerte: «Wir können es uns nicht leisten, zwischen allen Stühlen zu sitzen.» Die Abhängigkeit von chinesischen Lieferketten bereitet vielen Unternehmen schlaflose Nächte. Gleichzeitig mahnt Merz vor einer «naiven Russlandpolitik vergangener Jahre».
Wohin steuert Deutschland unter Merz? Diese Frage beschäftigt viele meiner Gesprächspartner. Der neue Kanzler schlägt einen selbstbewussteren Ton an als sein Vorgänger. Er setzt auf Pragmatismus statt auf ideologische Debatten. In Zeiten globaler Verwerfungen könnte dieser Ansatz neuen Spielraum eröffnen. Doch das Misstrauen der Bevölkerung sitzt tief. Die kommenden Monate werden zeigen, ob Worte und Taten übereinstimmen.