Köln Großmarkt Schließung 2024: Existenzen bedroht zum Jahresende
Die Stimmung auf dem Kölner Großmarkt ist angespannt. Zwischen Obst- und Gemüsekisten, wo normalerweise geschäftiges Treiben herrscht, macht sich Unsicherheit breit. Der Grund: Zum 31. Dezember 2024 endet der Betrieb an der Marktstraße unwiderruflich. Für viele der rund 80 Händler bedeutet dies das Ende ihrer wirtschaftlichen Existenz.
«Ich schlafe seit Monaten kaum noch», sagt Maria Schmidt, die seit über 25 Jahren einen Obst- und Gemüsegroßhandel betreibt. «Wir haben keine klare Perspektive, wohin wir gehen können, und die Zeit wird immer knapper.«
Der Kölner Großmarkt versorgt seit Jahrzehnten Restaurants, Wochenmärkte und kleine Lebensmittelgeschäfte mit frischen Waren. Etwa 2.500 Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt vom Marktbetrieb ab. Doch die Stadt Köln bleibt bei ihrer Entscheidung: Das 160.000 Quadratmeter große Areal wird für Wohnungsbau und Gewerbe umgenutzt.
Keine Alternative in Sicht
«Wir haben alles versucht», erklärt Thomas Weber, Sprecher der Großmarkthändler. «Zahlreiche Gespräche mit der Stadt, Protestaktionen, sogar eigene Konzepte für einen neuen Standort vorgelegt. Aber die Stadt hat uns keine realistische Alternative angeboten.»
Die Stadtverwaltung hatte den Händlern das Gelände in Köln-Marsdorf als Ausweichstandort vorgeschlagen. Doch nach Berechnungen der Händler würden sich dort die Mietkosten verdreifachen. Für viele kleinere Betriebe wäre dies nicht zu stemmen.
«Was die Stadt nicht versteht: Wir können nicht einfach in irgendein Gewerbegebiet umziehen«, sagt Michael Krause, der in dritter Generation einen Blumengroßhandel führt. «Ein Großmarkt funktioniert nur als Gemeinschaft, wo Kunden alles an einem Ort finden können.»
Folgen für die städtische Versorgung
Die Schließung des Großmarkts hat weitreichende Folgen. Kölner Gastronomen befürchten längere Lieferwege und steigende Preise. «Ich beziehe seit 15 Jahren mein Gemüse vom Großmarkt. Die Qualität und Frische sind unschlagbar», sagt Restaurantbetreiberin Lisa Hoffmann. «Wenn ich künftig alles aus Düsseldorf oder Bonn holen muss, steigen meine Kosten erheblich.»
Auch die Wochenmärkte in den Stadtteilen sind betroffen. Peter Müller, der zweimal wöchentlich in Ehrenfeld und Nippes seinen Stand aufbaut, ist ratlos: «Ich stehe um 4 Uhr auf und kaufe auf dem Großmarkt ein. Wo soll ich das künftig tun? Die längeren Anfahrtswege fressen meine ohnehin schmale Marge auf.»
Die Stadt Köln verweist auf den langen Vorlauf der Entscheidung. Bereits 2010 wurde der Bebauungsplan für das Gelände geändert. «Die Händler hatten ausreichend Zeit, sich auf die Situation einzustellen», heißt es aus dem Dezernat für Stadtentwicklung.
Kritik an der Stadtpolitik
Kritiker sehen in der Großmarkt-Schließung ein Symptom für eine verfehlte Stadtplanung. «Köln opfert funktionierende Wirtschaftsstrukturen für Immobilienprojekte«, meint Wirtschaftsexperte Dr. Frank Schulze. «Eine Großstadt braucht kurze Wege für die Lebensmittelversorgung – aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen.»
Der Handel mit frischen Lebensmitteln gehört zur DNA einer Großstadt wie Köln. Während andere Metropolen wie München oder Hamburg ihre Großmärkte modernisieren, scheint Köln diesen wichtigen Wirtschaftszweig aufzugeben.
«Wir versorgen die Stadt mit frischen Lebensmitteln, schaffen Arbeitsplätze und zahlen Steuern. Und jetzt werden wir einfach abgewickelt», fasst Großhändler Weber die Stimmung zusammen.
Ungewisse Zukunft
Einige Händler planen nun individuelle Lösungen. Manche suchen Gewerbeflächen am Stadtrand, andere erwägen den Umzug nach Bonn oder ins Umland. Doch für viele bedeutet dies das wirtschaftliche Aus.
«Ich bin 58 Jahre alt. Soll ich jetzt noch einmal ganz von vorne anfangen?», fragt sich Fischhändlerin Petra Klein. Ihr Unternehmen besteht seit den 1970er Jahren. «Mein Sohn wollte den Betrieb übernehmen, aber unter diesen Umständen raten wir ihm ab.»
Die Stadtverwaltung hat für Härtefälle finanzielle Unterstützung in Aussicht gestellt, doch vielen Händlern geht es nicht um Abfindungen, sondern um den Erhalt ihrer Betriebe und Arbeitsplätze.
Der Countdown läuft. In weniger als sechs Monaten sollen die Tore des Kölner Großmarkts endgültig schließen. Für die Händler, ihre Mitarbeiter und viele Kunden beginnt dann eine ungewisse Zukunft.
«Was hier gerade passiert, ist die Zerstörung eines funktionierenden Wirtschaftskreislaufs», sagt Thomas Weber. «Am Ende verlieren alle Kölner – durch längere Transportwege, höhere Preise und weniger Vielfalt bei frischen Lebensmitteln.»