Ein ungewöhnlicher Polizeieinsatz in der Geburtshilfeabteilung der Kölner Universitätsklinik hat in der vergangenen Woche für Aufsehen gesorgt. Mehrere Polizeibeamte wurden am Dienstagabend in die Frauenklinik gerufen, nachdem es zu Unstimmigkeiten zwischen dem medizinischen Personal und den Eltern eines Neugeborenen gekommen war.
Nach Informationen unserer Redaktion wollten die Eltern mit ihrem wenige Stunden alten Baby die Klinik verlassen, obwohl die Ärzte noch wichtige Untersuchungen durchführen wollten. Das Klinikpersonal sah die Gesundheit des Neugeborenen gefährdet und alarmierte die Polizei.
«In solchen Situationen steht das Kindeswohl immer an erster Stelle», erklärt Dr. Marion Schmidt, leitende Oberärztin der Neonatologie. «Bestimmte Erstuntersuchungen sind für die Gesundheit des Kindes unerlässlich und gesetzlich vorgeschrieben.»
Zeugen berichten, dass die Situation zunächst sehr angespannt war. Mehrere Streifenwagen parkten vor dem Haupteingang der Frauenklinik im Stadtteil Lindenthal. Die Beamten vermittelten zwischen dem medizinischen Personal und den Eltern.
«Es ist selten, dass wir zu solchen Einsätzen in Krankenhäusern gerufen werden», bestätigt Polizeisprecherin Katharina Weber. «Unsere Aufgabe ist es dann, zu deeskalieren und eine Lösung im Sinne aller Beteiligten zu finden, besonders aber zum Schutz des Kindes.»
Nach einem längeren Gespräch mit einer Ärztin und den Polizeibeamten stimmten die Eltern schließlich den notwendigen Untersuchungen zu. Ein richterlicher Beschluss, der zunächst in Erwägung gezogen wurde, war nicht mehr nötig.
Die Situation wirft Fragen zur Balance zwischen elterlicher Autonomie und medizinischer Verantwortung auf. Rechtlich gesehen können Eltern grundsätzlich über die medizinische Versorgung ihrer Kinder entscheiden. Diese Entscheidungsfreiheit endet jedoch, wenn das Kindeswohl gefährdet ist.
«Wir respektieren selbstverständlich die Wünsche der Eltern», betont Klinikdirektor Professor Thomas Becker. «Gleichzeitig tragen wir aber auch eine große Verantwortung für die Gesundheit unserer kleinsten Patienten.»
Der Fall hat in den sozialen Medien kontroverse Diskussionen ausgelöst. Während einige Nutzer das Vorgehen der Klinik als überzogen kritisieren, betonen andere die Wichtigkeit der medizinischen Erstversorgung von Neugeborenen.
Elternberaterin Lisa Hoffmann vom Kölner Elternverein erklärt: «Es ist verständlich, dass Eltern nach der Geburt schnell in ihre vertraute Umgebung zurückkehren möchten. Gleichzeitig sollten sie aber den medizinischen Rat der Fachleute nicht ignorieren, die nur das Beste für das Kind im Sinn haben.»
Nach Angaben der Uniklinik konnten Mutter und Kind die Klinik am nächsten Tag wohlbehalten verlassen. Alle notwendigen Untersuchungen wurden ordnungsgemäß durchgeführt.
Die Klinik prüft nun, wie solche Konfliktsituationen künftig vermieden werden können. Eine verbesserte Aufklärung der werdenden Eltern über die Notwendigkeit bestimmter Untersuchungen bereits vor der Geburt könnte ein Ansatz sein.
«Kommunikation ist in solchen Fällen das A und O», meint Dr. Schmidt. «Je besser wir erklären, warum bestimmte Maßnahmen wichtig sind, desto größer ist das Verständnis der Eltern.»
Die Polizei Köln weist darauf hin, dass derartige Einsätze in medizinischen Einrichtungen selten vorkommen, aber immer mit besonderer Sensibilität behandelt werden.