Gestern fiel mir beim Zeitungslesen ein spannender Trend auf. Während die öffentliche Aufmerksamkeit noch auf Trump’s Wahlsieg gerichtet ist, nimmt Friedrich Merz bereits direkte diplomatische Fäden in die Hand. Der CDU-Vorsitzende plant nicht nur ein Telefonat mit dem designierten US-Präsidenten, sondern auch wichtige Besuche in Polen und Frankreich Anfang 2024.
Was mich besonders nachdenklich stimmt, ist Merz› Kritik am Deutschlandbild in den USA. «Unser Land wird in Amerika kritischer gesehen als viele glauben«, erklärte er kürzlich gegenüber der Bild-Zeitung. Diese Wahrnehmungskluft müssen wir ernst nehmen. Gleichzeitig bereitet sich der Unionspolitiker auf eine mögliche Kanzlerkandidatur vor und baut seine außenpolitischen Kontakte systematisch aus.
Die Aussicht auf eine Trump-Administration löst hierzulande gemischte Gefühle aus. Letzte Woche sprach ich mit einem Politikwissenschaftler, der meinte: «Jetzt brauchen wir pragmatische Brückenbauer statt ideologische Schützengraben.» Ein kluger Gedanke. Merz versucht offenbar genau diese Rolle einzunehmen, während er gleichzeitig europäische Partner einbindet.
Was bedeutet das für die deutsche Außenpolitik? Vermutlich mehr transatlantischen Realismus und weniger ideologische Scheuklappen. Die kommenden Monate werden entscheidend sein. Deutschland muss neue Wege finden, seine Interessen zu vertreten – vielleicht mit Merz als einem der Wegbereiter. Ob er dabei die richtige Balance zwischen Anpassung und Selbstbehauptung findet, wird sich zeigen.