Die FDP-Fahnen wehen heute kräftiger als sonst vor dem Berliner Kongresszentrum. Nach den schmerzlichen Wahlniederlagen der letzten Monate suchen die Liberalen nach einem Weg aus der Krise. Die Stimmung beim Parteitag schwankt zwischen Aufbruch und Verunsicherung – ein Spagat, den die Partei meistern muss, um ihre politische Zukunft zu sichern.
Christian Lindner wirkt entschlossen, als er durch die Reihen schreitet. Die Ampel-Belastung hat Spuren hinterlassen. Mit nur 4,9 Prozent bei der Europawahl steht die FDP vor existenziellen Fragen. «Wir müssen wieder erkennbar werden als die Partei der Freiheit und wirtschaftlichen Vernunft», erklärt Generalsekretär Bijan Djir-Sarai im Vorfeld. Die Basis fordert klarere Kante gegenüber den Koalitionspartnern. Bei meinem Gespräch mit Delegierten höre ich immer wieder: «In der Ampel verlieren wir unser Profil.»
Der zweitägige Parteitag bringt personelle Veränderungen. Das Präsidium wird neu besetzt, frische Köpfe sollen frischen Wind bringen. Ich beobachte, wie jüngere Mitglieder heute aktiver das Wort ergreifen als bei früheren Veranstaltungen. Die FDP will nahbarer werden, bürgernäher.
Ob dieser Kurswechsel gelingt? Die Partei steht an einem Scheideweg zwischen Regierungsverantwortung und Profilschärfung. In den Kaffeepausen spüre ich bei vielen die Hoffnung auf einen liberalen Neuanfang – und die Angst, dass es der letzte sein könnte.