Die FDP steht vor einem Neuanfang. Bei einem außerordentlichen Parteitag wählten die Liberalen heute Christian Dürr zum neuen Vorsitzenden. Der bisherige Fraktionschef tritt die Nachfolge von Christian Lindner an, der nach dem Ampel-Aus zurückgetreten war. Mit 88,6 Prozent der Delegiertenstimmen erhielt Dürr ein starkes Mandat für seine künftige Aufgabe.
In seiner ersten Rede als Parteichef schlug Dürr versöhnliche Töne an. «Wir müssen wieder lernen, auf Menschen zuzugehen und ihnen wirklich zuzuhören», sagte er vor den Delegierten in Berlin. Der 47-jährige Niedersachse gilt als Brückenbauer und will die Partei nach den Turbulenzen der letzten Monate neu ausrichten. Die FDP hatte in Umfragen zuletzt dramatisch an Zustimmung verloren. Bei der letzten INSA-Erhebung lag sie bei nur 4 Prozent.
Beobachter sehen in Dürrs Wahl eine strategische Entscheidung. Als weniger polarisierender Politiker könnte er der FDP helfen, ihr Image zu erneuern. «Die Liberalen brauchen jetzt vor allem einen glaubwürdigen Neustart», erklärt Politikwissenschaftlerin Julia Reuschenbach von der Universität Bonn. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit Dürr vor zwei Jahren. Schon damals betonte er die Bedeutung wirtschaftlicher Freiheit und sozialer Verantwortung gleichermaßen.
Mit dem neuen Vorsitzenden will die FDP auch inhaltlich Akzente setzen. Besonders die Wirtschafts- und Digitalthemen sollen wieder stärker in den Fokus rücken. Für mich zeigt dieser Wechsel, wie schnell sich politische Dynamiken verändern können. Aus der Regierungspartei wurde binnen weniger Wochen eine Kraft, die um ihre Zukunft kämpft.