Der umstrittene Waldstreifen in Wilhelmsburg steht erneut im Zentrum hitziger Debatten. Die Grünen haben ihre Position zur Rodung des Wildwuchses im Stadtteil überraschend geändert. Wo sie früher den Erhalt forderten, befürworten sie nun die Abholzung für ein Wohnbauprojekt. Rund 6000 Quadratmeter Wald sollen weichen – eine Fläche so groß wie ein Fußballfeld.
«Diese Kehrtwende ist schlicht enttäuschend», sagt Michael Schulze von der Bürgerinitiative «Waldbleibt». Die seit über 40 Jahren gewachsene Grünfläche bietet Lebensraum für zahlreiche Tierarten und fungiert als wichtige grüne Lunge im dicht bebauten Stadtteil. Die Grünen begründen ihren Positionswechsel mit dem dringenden Bedarf an neuem Wohnraum. «Wir müssen Kompromisse finden zwischen Naturschutz und Stadtentwicklung«, erklärt Christina Meyer, Bezirkspolitikerin der Grünen.
Als ich gestern vor Ort war, protestierten etwa 50 Anwohner mit selbstgemalten Schildern gegen die Pläne. Die Stimmung war gereizt, viele fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Eine ältere Dame erzählte mir mit Tränen in den Augen, wie sie täglich durch den kleinen Wald spaziert.
Die Entscheidung liegt nun beim Bezirksamt. Eine öffentliche Anhörung ist für nächsten Monat angesetzt. Die Waldschützer haben bereits weitere Protestaktionen angekündigt. Was in Wilhelmsburg passiert, zeigt einmal mehr die Zerreißprobe zwischen Wohnungsbau und Naturschutz, die Hamburg zunehmend beschäftigt.