Die alten Gewölbe des Jazzclubs Tonne vibrierten gestern Abend im Rhythmus junger Ideen. Vincent Meissner, gerade einmal 25 Jahre alt, ließ mit seinem Trio die Grenzen zwischen klassischem Jazz und experimenteller Klangforschung verschwimmen. «Eigengrau» heißt sein aktuelles Album – ein Begriff, der jene Farbe beschreibt, die wir sehen, wenn wir die Augen schließen.
«Jazz ist für mich keine Musikrichtung, sondern eine Haltung zum Leben», erklärte mir der gebürtige Leipziger nach dem Konzert, die Hände noch warm vom intensiven Klavierspiel. Diese Haltung spiegelte sich in jedem Ton wider. Während Henri Reichmann am Schlagzeug rhythmische Labyrinthe schuf, verankerte Josef Zeimetz am Kontrabass das musikalische Experiment im Hier und Jetzt. Die drei jungen Musiker, alle Absolventen der Dresdner Musikhochschule, spielten nicht nebeneinander, sondern miteinander – wie in einem tiefen Gespräch ohne Worte.
Bemerkenswert war der Moment, als Meissner mitten im Stück «Nebelmeer» innehielt und dem Publikum einen Einblick in seine Kompositionstechnik gewährte. Ich beobachtete die Gesichter um mich herum: konzentriert, bewegt, präsent. Jazz erlebt in unserer Region einen bemerkenswerten Aufschwung, wie auch die ausverkauften Reihen gestern bewiesen.
Der Abend endete mit stehendem Applaus. Während ich in die kühle Nacht hinaustrat, blieben Meissners Klänge in mir – wie das Eigengrau beim Schließen der Augen. Vielleicht ist genau das die Magie guter Musik: Sie klingt nach, wenn längst Stille herrscht.