Dresdens neuer Stadtschreiber Alexander Estis hat bei seiner Antrittslesung am Sonntag im Kulturhaus Loschwitz vor etwa 100 Besuchern ein deutliches Zeichen gesetzt. Der 38-jährige Autor thematisierte den politischen Rechtsruck und dessen Auswirkungen auf die Kulturlandschaft in Sachsen, wo die AfD bei der Landtagswahl 30,6 Prozent der Stimmen erhielt.
«Ich bin hier, um zu schreiben. Aber auch, um eine Stimme zu erheben, die für Toleranz und Vielfalt steht», erklärte Estis während seiner Lesung. In seinem aktuellen Werk verwebt er persönliche Geschichten mit gesellschaftlichen Beobachtungen. Als jemand mit russisch-jüdischen Wurzeln bringt er eine besondere Perspektive mit. Dabei scheut er nicht vor klaren Worten zurück. Die Atmosphäre im Saal war gespannt, aber aufmerksam. Man spürte, wie seine Worte die Zuhörer bewegten.
Loschwitz› Kulturamtsleiterin Sabine Riedel unterstützt Estis› Engagement: «Literatur muss auch unbequeme Themen ansprechen dürfen. Gerade in politisch aufgeladenen Zeiten brauchen wir solche Stimmen.» Die Stadtschreiber-Residenz läuft noch bis April 2025. Ein öffentliches Tagebuch seiner Dresdner Zeit will Estis auf der Webseite des Kulturhauses veröffentlichen. In den kommenden Monaten sind weitere Lesungen geplant.
In der Elbestadt, wo kulturelle Debatten oft hitzig geführt werden, zeigt sich erneut: Literatur kann Brücken bauen, aber auch Gräben sichtbar machen. Vielleicht liegt genau darin ihre wichtigste Aufgabe.