Wenn plötzlich die Straßen zu Flüssen werden
Der Sommer zeigte gestern seine unberechenbare Seite. In Paderborn verwandelten sich Straßen binnen Minuten in reißende Bäche. Was als gewöhnlicher Regentag begann, mündete in ein dramatisches Unwetter mit Überschwemmungen und Stromausfällen.
Aus meinem Hotelfenster beobachtete ich, wie Gullydeckel durch den Wasserdruck angehoben wurden. Feuerwehrsirenen durchschnitten den Prassellärm des Regens. In nur zwei Stunden fielen über 80 Liter Regen pro Quadratmeter – eine Menge, die normalerweise im gesamten Monat Juni erwartet wird. Besonders die Innenstadt und die östlichen Vororte wurden hart getroffen.
«Wir kommen mit dem Auspumpen der Keller kaum hinterher,» erklärte Einsatzleiter Michael Berger. «In meinen 25 Dienstjahren habe ich selten eine solche Wassermasse erlebt.» Die Stadtverwaltung richtete Notunterkünfte in der Paderhalle ein, nachdem mehrere Wohngebiete evakuiert werden mussten.
Beeindruckend war die Hilfsbereitschaft der Paderborner. Spontan bildeten sich Helfergruppen, die Sandsäcke füllten. Als ich durch die Fußgängerzone watete, bot mir eine ältere Dame mit Regenschirm Unterschlupf in ihrem Laden an. «Dat is Paderborn,» sagte sie lächelnd, «wir halten zusammen.»
Der Deutsche Wetterdienst warnt vor weiteren Unwettern in Ostwestfalen. Klimaexperten sehen in der Häufung solcher Extremwetterereignisse deutliche Anzeichen des Klimawandels. Was gestern als Ausnahme galt, könnte morgen zur neuen Normalität werden – eine unbequeme Wahrheit, die uns zum Handeln auffordert.