Als ich letzte Woche im Zug nahe der deutsch-polnischen Grenze saß, war die Anspannung spürbar. Überall Polizisten, lange Warteschlangen, genervte Pendler. Die deutschen Grenzkontrollen, die seit Oktober 2023 intensiviert wurden, prägen den Alltag der Grenzregion nachhaltig. Was als Maßnahme gegen irreguläre Migration begann, entwickelt sich zunehmend zum Streitthema zwischen Nachbarländern.
Die Folgen sind weitreichend. Pendler berichten von stundenlangen Verzögerungen. «Früher brauchte ich 20 Minuten zur Arbeit, heute plane ich besser eine Stunde ein», erzählt Maria Kowalski, Krankenschwester aus Słubice. Auch der Einzelhandel leidet. In Frankfurt (Oder) verzeichnen Geschäfte bis zu 30 Prozent Umsatzrückgang. Die Menschen meiden das Einkaufen jenseits der Grenze.
Besonders problematisch: Die Kontrollen belasten das nachbarschaftliche Verhältnis. Der polnische Europaabgeordnete Bartosz Arłukowicz kritisierte kürzlich: «Diese Maßnahmen erinnern an längst vergangene Zeiten und untergraben den europäischen Gedanken der offenen Grenzen.» Letzten Monat beobachtete ich bei einem lokalen Kulturfestival, wie deutsch-polnische Initiativen versuchten, diese neuen Gräben zu überbrücken.
Während Politiker wie Friedrich Merz die Kontrollen als sicherheitspolitisch notwendig verteidigen, wächst der Widerstand. Die EU-Kommission mahnt die zeitliche Begrenzung an. Doch eine schnelle Lösung scheint nicht in Sicht. Was hier geschieht, ist mehr als eine Grenzdebatte – es ist ein Test für die europäische Idee in Zeiten nationaler Sicherheitsinteressen.