Bei Bauarbeiten am Essener Burgplatz haben Archäologen eine mittelalterliche Latrine entdeckt. Der Fund aus dem 14. Jahrhundert überraschte das Grabungsteam, das eigentlich auf Spuren der Essener Stadtmauer hoffte. «Solche gut erhaltenen Latrinen sind wie Zeitkapseln für uns», erklärt Dr. Markus Weber vom Essener Amt für Denkmalpflege.
Die etwa zwei Meter tiefe Holzkonstruktion enthielt zahlreiche Alltagsgegenstände und organisches Material. Darunter befanden sich Keramikscherben, Lederreste und sogar Kirschkerne. Diese Funde ermöglichen seltene Einblicke in die Ernährungsgewohnheiten der mittelalterlichen Essener Bevölkerung. Besonders spannend: Die Forscher identifizierten auch importierte Gewürze, die auf Handelsbeziehungen hindeuten.
Die Essener Altstadt birgt immer wieder Überraschungen. Als gebürtige Essenerin habe ich schon oft über Ausgrabungen berichtet, aber selten waren die Funde so gut erhalten. Stadtarchäologin Dr. Petra Schulz betont: «Was die meisten als mittelalterliches Klo abtun würden, ist für uns ein wissenschaftlicher Schatz.»
Die Latrine wird nun im Labor untersucht. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen in einer Sonderausstellung im Ruhr Museum präsentiert werden. Der Fund erinnert uns daran, dass unter den Pflastersteinen unserer Stadt noch viele unerzählte Geschichten auf ihre Entdeckung warten.