Das morgendliche Gedränge am Hauptbahnhof kennen wir alle. Der Kaffee in der Hand, die Tasche über der Schulter, und dann die Durchsage: «Der ICE nach München verspätet sich um 20 Minuten.» Ein alltägliches Bild, das sich bald verschärfen könnte. Die Deutsche Bahn plant nicht nur Preiserhöhungen, sondern auch eine Reduzierung des Angebots.
In den kommenden Monaten drohen laut der Eisenbahnergewerkschaft EVG empfindliche Einschnitte. «Die Bahn plant massive Einsparungen im Fernverkehr, bis zu zehn Prozent weniger ICE-Verbindungen», warnt Martin Burkert, Vorsitzender der EVG. Gleichzeitig rechnet er mit Preiserhöhungen von etwa zehn Prozent. Der Grund: Die finanzielle Schieflage des Konzerns mit über 30 Milliarden Euro Schulden. Letzten Sommer stand ich selbst am Kölner Hauptbahnhof, als drei Züge nacheinander ausfielen. Die Stimmung unter den Wartenden schwankte zwischen Resignation und Wut.
Die Infrastruktur bröckelt seit Jahren. Etwa 9.000 Brücken müssen saniert werden, viele davon sind über 100 Jahre alt. Der Modernisierungsstau wird auf 89 Milliarden Euro geschätzt. Verkehrsminister Volker Wissing hat zwar eine «Generalsanierung» angekündigt, doch für Bahnreisende bedeutet das zunächst weitere Einschränkungen.
Die Entwicklung ist paradox: In Zeiten von Klimaschutz und Verkehrswende wird das umweltfreundlichste Verkehrsmittel teurer und weniger verfügbar. Ob die Bahn so ihre selbstgesteckten Ziele erreichen kann? Für uns Reisende bleibt vorerst nur der Griff zur Thermoskanne – das Warten auf den Zug könnte länger werden.