Die Universitätsbibliothek Frankfurt hat mehr NS-Raubgut in ihren Beständen entdeckt als bisher angenommen. Etwa 24.000 Bücher aus der NS-Zeit könnten unrechtmäßig erworben worden sein, fast doppelt so viele wie zunächst vermutet. Die Bibliothek hat nun eine öffentliche Datenbank eingerichtet, um die rechtmäßigen Besitzer oder deren Nachkommen ausfindig zu machen.
«Jedes Buch hat seine eigene Geschichte», erklärt Dr. Mathias Jehn, Leiter der Provenienzforschung an der Universitätsbibliothek. «Hinter jedem steht ein menschliches Schicksal, das wir aufklären müssen.» Die Bücher stammen hauptsächlich aus beschlagnahmtem jüdischem Besitz oder von verfolgten Personen und Institutionen. Zwischen 1938 und 1945 wurden sie der Bibliothek übereignet – oft durch das «Reichssicherheitshauptamt» oder durch dubiose Ankäufe.
Besonders berührend sind die persönlichen Widmungen in manchen Werken. Bei meinem Besuch in der Bibliothek zeigte mir eine Mitarbeiterin ein Kinderbuch mit handschriftlichen Notizen, dessen Besitzer vermutlich deportiert wurde. Die Stadt Frankfurt unterstützt das Projekt mit zusätzlichen Mitteln. Interessierte können die Datenbank unter ns-raubgut.ub.uni-frankfurt.de einsehen.
Die Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels ist für Frankfurt von besonderer Bedeutung. Als ehemals bedeutendes Zentrum jüdischen Lebens trägt die Stadt eine historische Verantwortung. «Wir können das Unrecht nicht ungeschehen machen, aber wir können für Transparenz sorgen», so Oberbürgermeister Mike Josef. Die Suche nach den rechtmäßigen Erben geht weiter.