Im Abendlicht glitzert die Nordsee, während am Horizont neue Silhouetten entstehen. Bohrinseln für Erdgas werden bald die Küstenlandschaft Niedersachsens prägen. Die Landesregierung hat kürzlich mehrere neue Förderprojekte genehmigt. Diese Entscheidung steht im Spannungsfeld zwischen Energiesicherheit und Klimaschutzzielen, die eigentlich einen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen vorsehen.
Die Gasförderung in der deutschen Nordsee soll nach jahrelangem Rückgang wieder ausgeweitet werden. Bis zu 10 Milliarden Kubikmeter Erdgas könnten in den kommenden Jahren gefördert werden. «Wir müssen pragmatische Entscheidungen treffen, um unsere Energieversorgung zu sichern», erklärte Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies. Die Abhängigkeit von russischem Gas hat die Debatte um heimische Ressourcen neu entfacht.
Letzten Herbst stand ich selbst an der Küste bei Cuxhaven. Ein Fischer erzählte mir von seinen gemischten Gefühlen. «Die See gehört allen», sagte er kopfschüttelnd, «aber immer mehr Flächen werden für uns gesperrt.» Die Konkurrenz um Meeresraum zwischen Fischerei, Energiegewinnung und Naturschutz wächst stetig.
Umweltverbände kritisieren die Entscheidung scharf. Die Gasförderung verzögere den notwendigen Umbau zu erneuerbaren Energien. Gleichzeitig argumentieren Befürworter, dass heimisches Gas einen geringeren CO2-Fußabdruck habe als importiertes Flüssiggas. Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo dazwischen – in einer Übergangszeit, die länger dauert als erhofft, aber kürzer sein muss als bequem.