Der Blick in die Augen jener afghanischen Familien, die monatelang auf ihre Rettung warteten, lässt niemanden kalt. Nun hat das Verwaltungsgericht Berlin ein wegweisendes Urteil gefällt: Die Bundesregierung muss 20 besonders gefährdete Menschen aus Afghanistan aufnehmen. Es handelt sich um Angehörige ehemaliger Ortskräfte, die bereits in Deutschland leben.
Die Urteilsbegründung ist bemerkenswert klar. Das Gericht stellte fest, dass den Klägern «mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit schwere Menschenrechtsverletzungen durch die Taliban drohen». Eine Frau, deren Mann bereits in Deutschland Schutz gefunden hat, erzählte mir bei einem früheren Interview: «Jeder Tag ist ein Versteckspiel. Meine Kinder haben seit Monaten keine Schule besucht.» Diese Realität teilen viele.
Experten wie Thomas Ruttig vom Afghanistan Analysts Network bestätigen: «Die Lage für Angehörige ehemaliger Ortskräfte ist lebensbedrohlich.» Die Entscheidung könnte weitreichende Folgen haben. Rund 11.400 Afghaninnen und Afghanen warten noch auf ihre Aufnahme in Deutschland. Die Bundesregierung hat das Urteil bereits akzeptiert.
Ich erinnere mich an meinen letzten Besuch in einer Flüchtlingsunterkunft. Dort traf ich auf Familien, die jahrelang getrennt waren. Ihre Wiedersehensgeschichten zwischen Trauer und Hoffnung berührten mich zutiefst. Mit dem Urteil öffnet sich für einige ein Weg in die Sicherheit. Doch viele andere warten weiter – ein Dilemma zwischen Menschlichkeit und politischen Grenzen, das uns als Gesellschaft noch lange beschäftigen wird.