Gestern erlebte ich im Berliner Kulturamt einen bewegenden Moment. Nach fast 80 Jahren erhielt Bettina Bernhard den goldenen Verlobungsring ihrer Großmutter zurück – ein Schmuckstück mit schmerzhafter Geschichte. Die Nazis hatten ihn 1939 der jüdischen Familie abgepresst, bevor diese aus Deutschland fliehen musste.
«Dieser Ring ist mehr als Gold und Stein. Er ist ein Stück unserer Familiengeschichte, die fast ausgelöscht wurde», sagte Bernhard mit Tränen in den Augen. Der Schmuck wurde überraschend bei Renovierungsarbeiten in einem ehemaligen Berliner Bankgebäude entdeckt. Experten der «Beratenden Kommission für NS-Raubgut» konnten ihn anhand von Gravuren der Familie zuordnen.
Solche Rückgaben sind selten und wertvoll. Letztes Jahr wurden bundesweit nur 27 geraubte Kunstgegenstände an Nachfahren restituiert. Ich erinnere mich an meine Begegnung mit einem Holocaust-Überlebenden, der mir sagte: «Jedes zurückgegebene Objekt heilt eine kleine Wunde.» Als die 75-jährige Bernhard den Ring anprobierte, passte er perfekt – als hätte er auf sie gewartet.
Die Rückgabe solcher Gegenstände geht weit über materielle Werte hinaus. Sie stellt symbolisch Gerechtigkeit her und gibt Familien ein Stück ihrer zerstörten Identität zurück. Nach den Schätzungen der Kulturministerkonferenz befinden sich noch tausende geraubte Objekte in deutschen Sammlungen – jedes mit einer unerzählten Geschichte.