Die politischen Temperaturen in Berlin steigen. Gestern scheiterte im Bundestag erneut die Wahl eines neuen Verfassungsrichters. Was als routinierter demokratischer Prozess gedacht war, entpuppt sich als tiefe Krise zwischen Regierung und Opposition.
Die Unionsfraktion unter Friedrich Merz verweigerte dem Kandidaten der Ampel-Koalition ihre Stimmen. «Wir erleben einen beispiellosen Vertrauensbruch», erklärte Justizminister Marco Buschmann gestern Abend. Der vakante Richterposten am Bundesverfassungsgericht bleibt somit unbesetzt. Seit Mai fehlt dort ein Richter in einem der Senate, nachdem der bisherige Amtsinhaber in den Ruhestand ging.
Eigentlich galt die Wahl von Verfassungsrichtern als parteiübergreifender Konsens. Diese Tradition scheint nun gebrochen. Die politische Polarisierung erreicht damit auch die Justiz. Letzte Woche saß ich mit einem befreundeten Juristen beim Abendessen. «Die Verfassungsrichterwahl darf nicht zum Spielball politischer Taktik werden», sagte er kopfschüttelnd.
Die Folgen sind weitreichend. Das höchste deutsche Gericht kann in seiner Arbeitsfähigkeit eingeschränkt werden. In Karlsruhe warten wichtige Entscheidungen, etwa zur Schuldenbremse und zum Klimaschutz. Die Süddeustche Zeitung berichtete ausführlich über die Hintergründe des Zerwürfnisses.
Unsere Demokratie lebt von gegenseitigem Respekt und institutionellem Vertrauen. Wenn selbst die Besetzung des Verfassungsgerichts zum Machtkampf wird, müssen wir uns fragen: Wohin führt dieser Weg? Die kommenden Wochen werden zeigen, ob Vernunft oder Konfrontation die Oberhand gewinnt.