Die Hamburgerin Sandra M. muss sich seit Montag wegen Kindesentführung vor dem Landgericht verantworten. Die 38-Jährige soll im Dezember vergangenen Jahres ihre eigene vierjährige Tochter nach Paraguay entführt haben. Über 40 Prozent aller Kindesentführungen in Deutschland betreffen Südamerika als Zielregion.
«Meine Mandantin ist nicht schuldig», erklärte Verteidiger Michael Block zum Prozessauftakt entschieden. Sie habe lediglich ihre Tochter vor häuslicher Gewalt schützen wollen. Die Staatsanwaltschaft hingegen wirft der Angeklagten vor, das gemeinsame Sorgerecht missachtet zu haben. «Wir bewerten den Fall als schwerwiegenden Eingriff in die Elternrechte», sagte Oberstaatsanwältin Carolin Weber.
Der Vater des Kindes, der als Nebenkläger auftritt, zeigte sich sichtlich bewegt im Gerichtssaal. Der Fall hatte in Hamburg große Aufmerksamkeit erregt, besonders nachdem internationale Fahndungsmaßnahmen eingeleitet wurden. Nach einer wochenlangen Suche konnte das Kind schließlich in einer kleinen Ortschaft nahe Asunción gefunden werden.
Als langjährige Berichterstatterin über Familienangelegenheiten fällt mir auf, wie tief dieser Fall die Hamburger Gemeinschaft berührt. Bei einem Besuch im betroffenen Stadtteil Barmbek waren die Emotionen noch immer spürbar.
Der Prozess wird voraussichtlich mindestens sechs Verhandlungstage dauern. Das Urteil könnte wegweisend für ähnliche Fälle werden. Die Frage bleibt: Wie schützt unsere Gesellschaft Kinder, wenn Eltern im Konflikt stehen?