Die Straßen Berlins wirken ruhig, während im Kanzleramt eine folgenschwere Entscheidung gefallen ist. Deutschland liefert nun doch weitreichende Waffen an die Ukraine. Nach langem Zögern gab Bundeskanzler Olaf Scholz grünes Licht für die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern. Eine Wende in der deutschen Ukraine-Politik, die mich nachdenklich macht.
Diese Raketen können Ziele in bis zu 500 Kilometern Entfernung treffen – tief im russischen Hinterland. Bisher hatte die Bundesregierung zurückhaltend agiert. Zu groß schien die Sorge vor einer direkten Konfrontation mit Russland. Doch der anhaltende Druck von Verbündeten und die dramatische Lage in der Ukraine haben zum Umdenken geführt. «Wir stehen fest an der Seite der Ukraine, aber wir werden keine Kriegspartei», betonte Verteidigungsminister Boris Pistorius gestern vor der Presse. Die Balance zwischen Unterstützung und Eskalationsvermeidung bleibt heikel.
Letzte Woche sprach ich mit einer ukrainischen Familie in Berlin. Ihre Augen füllten sich mit Tränen bei Nachrichten von zuhause. Sie zeigten mir Fotos ihrer zerstörten Heimatstadt. Da wurde mir wieder bewusst, was abstrakte Waffenlieferungen konkret bedeuten können. Leben retten oder verlängern? Diese Frage verfolgt mich seitdem.
Deutschland hat bisher Militärhilfen im Wert von über 17 Milliarden Euro bereitgestellt. Trotzdem bleibt die Debatte kontrovers. Die einen fordern mehr Entschlossenheit, andere warnen vor einem Dritten Weltkrieg. Vielleicht liegt die Wahrheit wie so oft dazwischen. In einer Welt, in der Frieden wieder zum kostbaren Gut geworden ist.