Der morgendliche Blick in den Briefkasten kann für viele Rentner in Deutschland sehr unterschiedliche Gefühle auslösen. Während einige zufrieden ihre Rentenmitteilung betrachten, stehen andere vor finanziellen Herausforderungen. Wie der aktuelle Rentenatlas der Deutschen Rentenversicherung zeigt, erhalten rund 25 Prozent der Ruheständler nach 45 Beitragsjahren weniger als 1300 Euro monatlich. Die regionalen Unterschiede sind dabei bemerkenswert.
In meinem Heimatort treffe ich regelmäßig Inge, 72, die nach einem langen Arbeitsleben in Ostdeutschland mit ihrer schmalen Rente jonglieren muss. Im Kontrast dazu steht Herbert aus dem Nachbarort, der nach seiner Karriere in der westdeutschen Automobilindustrie deutlich besser dasteht. Diese persönlichen Begegnungen spiegeln die statistischen Realitäten wider: Die durchschnittliche Altersrente nach 45 Beitragsjahren beträgt im Westen 1473 Euro, im Osten hingegen nur 1329 Euro.
«Die historisch gewachsenen Lohnunterschiede zwischen Ost und West wirken bis heute nach», erklärt Dr. Marlene Haupt, Rentenexpertin der Universität Hamburg. Besonders deutlich zeigt sich die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern. Frauen erhalten im Schnitt nur 1095 Euro nach 45 Beitragsjahren, Männer dagegen 1637 Euro. Teilzeitarbeit und Erziehungszeiten schlagen sich hier nieder.
Gestern erst erzählte mir eine Leserin von ihrer Mutter, die trotz lebenslanger Arbeit mit 950 Euro auskommen muss. Die regionale Spannbreite der Renten ist enorm: In Gera beträgt die Durchschnittsrente bei Männern nur 1287 Euro, in Wolfsburg hingegen 1961 Euro. Diese Diskrepanz wirft Fragen zur Rentenpolitik auf, die uns als Gesellschaft noch lange beschäftigen werden.