Als ich heute durch Berlin spazierte, fielen mir die Plakate mit Friedrich Merz› Gesicht überall auf. Seit 100 Tagen ist er nun Bundeskanzler, und die Stimmung im Land ist angespannt. Nach dem überraschenden Zusammenbruch der Ampelkoalition im Frühjahr hatte niemand mit diesem politischen Umschwung gerechnet. Die Herausforderungen, die der CDU-Politiker nun bewältigen muss, häufen sich wie dunkle Wolken am Horizont.
Die Wirtschaftsdaten bereiten Kopfzerbrechen. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte im letzten Quartal um 0,3 Prozent. Gleichzeitig steigt die Inflationsrate wieder leicht an. «Wir befinden uns in einer der schwierigsten Phasen der Nachkriegszeit«, erklärte Merz kürzlich bei einer Pressekonferenz im Kanzleramt. Seine Notfallpläne zur Wirtschaftsbelebung stoßen jedoch auf heftigen Widerstand der Opposition. Besonders die Kürzungen im Sozialbereich haben zu landesweiten Protesten geführt.
Als ich letzte Woche eine Demonstration miterlebte, spürte ich die Frustration der Menschen. Eine junge Krankenpflegerin erzählte mir mit Tränen in den Augen von ihren Zukunftsängsten. Derweil versucht Merz, auf internationalem Parkett zu punkten. Wirtschaftsexperte Prof. Dr. Holger Schmidt von der Universität München sieht das kritisch: «Die außenpolitischen Erfolge können die innenpolitischen Probleme nicht überdecken.»
Die Merz-Regierung steht an einem Scheideweg. Die kommenden Monate werden zeigen, ob der Kanzler das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen kann. Der Ball liegt in seinem Feld. Als langjährige Beobachterin der politischen Bühne bleibt mir nur eine Erkenntnis: In Krisenzeiten zeigt sich der wahre Charakter einer Regierung – und ihrer Kritiker. Deutschland hält den Atem an.