Der Wahlsonntag in Potsdam hat Geschichte geschrieben. Mit 53,4 Prozent stimmten die Bürger für die Abwahl von Oberbürgermeister Mike Schubert. Als ich gestern durch die Innenstadt schlenderte, spürte ich eine merkwürdige Mischung aus Erleichterung und Neuanfang in den Gesichtern der Menschen. Es war, als hätte die Stadt kollektiv aufgeatmet.
«Alles ist sehr anständig abgelaufen», sagte Lutz Boede im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Der Stadtverordnete der Fraktion «Die Andere» zeigte sich sichtlich erleichtert über den Ausgang des Bürgerentscheids. Sein politisches Bündnis hatte maßgeblich zum Abwahlantrag beigetragen. Die Wahlbeteiligung von 50,3 Prozent übertraf alle Erwartungen. Besonders in den Stadtteilen Am Stern und Drewitz war die Zustimmung zur Abwahl überdurchschnittlich hoch. In meinem eigenen Kiez, der Brandenburger Vorstadt, konnte ich die Schlangen vor den Wahllokalen beobachten. Selten habe ich bei einer Kommunalwahl solch entschlossene Wähler gesehen.
Der gescheiterte Neubau des Staudenhofes und die umstrittenen Bauvorhaben in der Innenstadt hatten die Stimmung über Jahre angeheizt. Als langjährige Beobachterin der Potsdamer Kulturszene erlebte ich, wie die Frustration wuchs. «Wir brauchen einen echten Neuanfang in der Stadtpolitik», meinte eine Buchhändlerin am Alten Markt zu mir.
Die nächsten Wochen werden spannend. Bis zur Neuwahl führt Bürgermeister Burkhard Exner die Amtsgeschäfte. Während ich durch den Volkspark joggte, fragte ich mich: Wird Potsdam nach dieser politischen Zäsur endlich seinen alten Zauber mit zeitgemäßer Politik verbinden können? Die Hoffnung darauf ist jedenfalls spürbar.