Article – Die Straßen von Gießen spiegeln Bewegung wider. Am Wochenende wird die Stadt zum Schauplatz politischer Dynamik. Die AfD plant hier die Gründung ihrer neuen Jugendorganisation – ein Ersatz für die verbotene «Junge Alternative». Die Veranstaltung zieht Aufmerksamkeit weit über die Stadtgrenzen hinaus.
An meinem Fenster ziehen bereits Polizeiwagen vorbei. Die Sicherheitsbehörden bereiten sich auf einen Großeinsatz vor. «Wir stellen uns auf verschiedene Szenarien ein», erklärt Polizeisprecher Michael Weber. Die Erfahrungen aus früheren politischen Veranstaltungen lassen umfangreiche Gegenproteste erwarten. Besonders das Bündnis «Gießen bleibt bunt» mobilisiert seit Wochen. Der Zusammenschluss aus Gewerkschaften, Parteien und Kulturvereinen plant eine Kundgebung am Marktplatz.
Bei meinem morgendlichen Café-Besuch ist das Thema allgegenwärtig. «Die brauchen wir hier nicht», höre ich am Nebentisch. Andere befürchten Verkehrsbehinderungen. Die Polizei hat Straßensperren angekündigt. Meine Nachbarin Lisa, Lehrerin an einer Gesamtschule, bereitet mit ihren Schülern Transparente vor. «Politische Bildung live», nennt sie es.
Die Neugründung findet unter besonderer Beobachtung statt. Erst im Juli hatte das Bundesinnenministerium die «Junge Alternative» als gesichert rechtsextremistisch eingestuft und verboten. Die Reaktionen in Gießen zeigen: Politische Entwicklungen bleiben nicht abstrakt. Sie manifestieren sich in unseren Straßen, Gesprächen und Haltungen. Die kommenden Tage werden zeigen, wie eine Stadtgesellschaft mit demokratischen Herausforderungen umgeht.