Der Protest war nicht zu überhören. Tausende Menschen strömten am vergangenen Wochenende durch Gießens Straßen. «AfD stoppen» und «Nie wieder ist jetzt» hallte es durch die mittelhessische Stadt. Was als normaler Samstag begann, verwandelte sich in einen der größten Proteste, die Gießen je erlebt hat. Rund 50.000 Menschen demonstrierten friedlich gegen das AfD-Treffen in der nur 90.000 Einwohner zählenden Universitätsstadt.
Die Bilder waren beeindruckend. Menschen jeden Alters bildeten eine bunte, entschlossene Menge. Von Familien mit Kinderwagen bis zu Seniorengruppen – die Vielfalt der Demonstrierenden spiegelte die Breite des Widerstands wider. «Was hier passiert, ist ein starkes Zeichen der Zivilgesellschaft», erklärte Bürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz vor Ort. Zwischen Protestschildern und Sprechchören spielten sich bewegende Szenen ab. Eine ältere Dame erzählte mir mit Tränen in den Augen: «Ich hätte nie gedacht, dass wir nochmal gegen Rechtsextremismus auf die Straße gehen müssen.»
Bemerkenswert war die Logistik hinter den Protesten. Hunderte freiwillige Helfer, improvisierte Verpflegungsstationen und spontane Mitfahrgelegenheiten ermöglichten den massenhaften Zustrom. Die Polizei zeigte sich überrascht, aber vorbereitet. Die Sicherheitsbehörden sprachen von einem «weitgehend störungsfreien Verlauf» trotz der enormen Teilnehmerzahl.
Was in Gießen geschah, reiht sich ein in eine wachsende Bewegung. Der Protest zeigt, wie stark der Widerstand gegen rechtsextreme Tendenzen inzwischen mobilisieren kann. Wenn aus einer Kleinstadt plötzlich ein Symbol des demokratischen Aufbegehrens wird, dann wird klar: Die gesellschaftliche Mitte positioniert sich. Und sie tut es laut.