Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat ein umfangreiches Entlastungspaket für hochverschuldete Kommunen beschlossen. Die Stadt Essen profitiert davon erheblich: Rund 610,7 Millionen Euro Schulden werden der Ruhrgebietsmetropole erlassen. Diese Nachricht sorgt im Rathaus für Erleichterung nach jahrelangem Kampf gegen den Schuldenberg.
«Das ist ein historischer Tag für unsere Stadt», erklärt Oberbürgermeister Thomas Kufen. «Nach Jahrzehnten des Sparens und der finanziellen Einschränkungen können wir endlich aufatmen und wieder mehr Gestaltungsspielraum für unsere Stadt gewinnen.»
Die Entlastung kommt durch die neue Altschuldenregelung des Landes NRW zustande. Insgesamt werden 18 Milliarden Euro an kommunalen Schulden übernommen. Der Löwenanteil davon – 13,6 Milliarden Euro – geht an die Städte im Ruhrgebiet, die besonders unter hohen Altschulden leiden.
Für Essen bedeutet die Entschuldung konkrete Verbesserungen im Alltag. Die Stadt muss künftig deutlich weniger Geld für Zinszahlungen ausgeben. Bisher musste Essen jedes Jahr etwa 25 Millionen Euro allein für Zinsen aufbringen – Geld, das nun für andere wichtige Aufgaben zur Verfügung steht.
Kämmerer Gerhard Grabenkamp zeigt sich erfreut: «Wir können jetzt endlich wieder mehr in unsere Infrastruktur investieren. Ob Schulgebäude, Straßen oder öffentliche Einrichtungen – der Investitionsstau kann nun Schritt für Schritt abgebaut werden.»
Die Verschuldung Essens hat historische Gründe. Der wirtschaftliche Strukturwandel durch den Niedergang von Kohle und Stahl traf die Stadt hart. Gleichzeitig stiegen die Sozialausgaben kontinuierlich an, während die Steuereinnahmen sanken. Ein Teufelskreis entstand, aus dem die Stadt aus eigener Kraft kaum entkommen konnte.
«Viele Essener haben die Folgen der kommunalen Finanzkrise direkt gespürt», erklärt Sozialdezernent Peter Renzel. «Schließungen von Schwimmbädern, marode Schulgebäude und Kürzungen bei kulturellen Angeboten – all das war die Realität, mit der wir leben mussten.»
Die Stadtspitze betont jedoch, dass die Entschuldung kein Freifahrtschein für neue Ausgaben sei. «Wir werden weiterhin sorgsam mit den städtischen Finanzen umgehen», versichert Kufen. «Aber wir haben jetzt wieder mehr Möglichkeiten, in die Zukunft unserer Stadt zu investieren.»
Teil der Vereinbarung mit dem Land ist ein strenger Sparkurs, den die Stadt weiterhin einhalten muss. Die Kommunen verpflichten sich, keine neuen Kassenkredite aufzunehmen und ihre Haushalte ausgeglichen zu gestalten.
Auch für die Bürgerinnen und Bürger Essens gibt es gute Nachrichten: Steuererhöhungen, die oft zur Haushaltssanierung herangezogen wurden, sind vorerst nicht geplant. «Wir wollen die Entlastung auch bei den Menschen ankommen lassen», erklärt Kämmerer Grabenkamp.
Die Opposition im Stadtrat begrüßt die Entschuldung grundsätzlich, mahnt aber zur Vorsicht. «Die Altschuldenhilfe ist wichtig und richtig», sagt der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Rolf Fliß. «Aber wir müssen jetzt die Chance nutzen, unsere Stadt zukunftsfähig aufzustellen – mit Investitionen in Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit.»
Besonders erfreulich für Essen: Im Vergleich zu anderen Ruhrgebietsstädten fällt die Entlastung überdurchschnittlich hoch aus. Nur Duisburg erhält mit rund 700 Millionen Euro eine noch höhere Summe.
Der lange Weg zur Entschuldung begann bereits vor Jahren. 2020 hatte der Bund erstmals Bereitschaft signalisiert, bei der Lösung des Altschuldenproblems zu helfen. Nach langen Verhandlungen zwischen Bund, Land und Kommunen wurde nun die Lösung gefunden.
«Ohne diese Hilfe hätten wir noch Jahrzehnte an unseren Schulden getragen», erklärt ein Sprecher der Stadtverwaltung. «Jetzt können wir endlich nach vorne schauen und Essen wieder zu einer lebenswerten Stadt für alle Generationen machen.»
Die Stadtteile sollen von der neuen finanziellen Freiheit gleichermaßen profitieren. Geplant sind unter anderem Sanierungen von Sportanlagen, Investitionen in Grünflächen und die Modernisierung von Schulen und Kitas.
Für die Menschen in Essen bedeutet die Altschuldenhilfe einen wichtigen Schritt in eine bessere Zukunft. Nach Jahren des Mangels kann die Stadt nun wieder aktiv gestalten und ihren Bürgerinnen und Bürgern mehr Lebensqualität bieten.